Hannover. . Werden bis zum 8. August nicht alle offenen Stellen besetzt, müssen Lehrer damit rechnen, im neuen Schuljahr in anderen Schulen eingesetzt zu werden.

Nach den Sommerferien drohen an Niedersachsens Schulen erneut Engpässe bei der Lehrerversorgung. Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische FDP-Anfrage hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Werden bis zum 8. August nicht alle offenen Stellen besetzt, müssen viele Lehrkräfte damit rechnen, im kommenden Schuljahr zeitweise in anderen Schulen eingesetzt zu werden. Erst gegen Ende der Sommerpause steht aber der genaue Umfang fest. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hatte nach Amtsantritt gesagt, er wolle die "Abordnungskarawanen" stoppen.

Der Antwort auf die FDP-Anfrage liegt nach Angaben des Kultusministeriums der noch vorläufige Planungsstand zugrunde; er war vor den Ferien auch die Basis für die Informierung der Schulen über die möglichen Abordnungen. Diese Zahlen könnten sich aber noch verändern. Insgesamt wurden demnach mit Stand 28. Juni Abordnungen im Umfang von 23 310 Unterrichtsstunden neu verfügt. "Darin enthalten sind diverse Sondereffekte im Rahmen des aktuellen Einstellungsverfahrens; beispielsweise werden 8242 Stunden zwischen Grundschulen abgeordnet", erklärte eine Sprecherin des Ministeriums.

Darüber hinaus wurden Stellen umgewidmet. Abordnungen in Höhe von insgesamt 1 949 Stunden wurden mit Stand 28. Juni von den Gymnasien an Grundschulen neu verfügt. Die Gründe liegen im Ausgleich der Unterrichtsversorgung und des Fachbedarfs in den Jahrgängen 3 und 4. Neben den laufenden Einstellungen kann sich laut Ministerium der Bedarf an abzuordnenden Lehrkräften auch durch andere Faktoren wie frühere Rückkehr aus Elternzeit, Aufstockung von Teilzeit, Einstellung qualifizierter Quereinsteiger noch einmal verringern.

Im Juni hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bereits gewarnt, die Zahl der Abordnungen könne im neuen Schuljahr weiter zunehmen. "Der Lehrermangel ist noch immer eklatant hoch", sagte die Landesvorsitzende Laura Pooth, die bessere Konditionen für den Lehrerberuf fordert. "Die Abordnungen werden deshalb mindestens genauso hoch sein wie im vorigen Schulhalbjahr", erklärte sie. Der Philologenverband zeigte sich enttäuscht. "Es ist leider nichts eingetreten, was die Abordnungen stoppen könnte. Die ganze Dimension werden wir sehen, wenn der Schulbetrieb wieder angefangen hat", sagte der Landesvorsitzende Horst Audritz.

Kultusminister Tonne sprach dagegen von einer "hohen Dynamik im Einstellungsverfahren" und erklärte der Deutschen Presse-Agentur: "Stand heute sind 1 780 von 2 000 ausgeschriebenen Stellen besetzt; je besser das Einstellungsverfahren läuft, desto größer ist die Chance, dass wir auch eine bessere Unterrichtsversorgung erreichen und somit weniger Abordnungen erforderlich sein werden." Die oppositionelle FDP dagegen hielt ihm ein klares Versagen vor. "Tonne ist bereits vor dem Schuljahresbeginn mit seinem Versprechen, die Abordnungen zu reduzieren, gescheitert", kritisierte der FDP-Fraktionsvize im niedersächsischen Landtag, Björn Försterling.

Die Partei rechnete vor, dass es nach den Ministeriumszahlen bereits fürs erste Halbjahr verfügte Abordnungen in Höhe von insgesamt 24 925 Unterrichtsstunden pro Woche gebe - ein Wert, der noch über dem des vorigen Schulhalbjahres liege. Zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2017/18 am 1. Februar waren laut Ministerium Abordnungen im Umfang von rund 24 500 Stunden erfolgt; darunter waren rund 4 465 Stunden, die von Gymnasien an Grundschulen gingen. Der FDP-Landtagsabgeordnete Försterling meinte dazu: "Die Unterrichtsversorgung im kommenden Schuljahr wird genauso schlecht wie im vergangenen Schuljahr; auch der neue Kultusminister bekommt die Lage nicht in den Griff." dpa