„Nicht wenige Ukrainer leben nun in unserer Forschungsregion, oft gut integriert – gleichwohl unfreiwillig. Auch sie rückt diese Medaille ins Licht.“

Die ukrainische Mathematikerin Maryna Viazovska hat die höchste wissenschaftliche Auszeichnung in unserer Region erhalten: die Gauß-Medaille – für herausragende wissenschaftlichen Leistungen, wie die Jury zurecht betont. Daneben dient so eine Auszeichnung aber auch dem Zweck, zu zeigen, was man gerade für besonders wichtig hält. Und hier hat die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft in den letzten Jahren ein gutes Näschen bewiesen. 2020 stand die Gentechnik im Mittelpunkt. 2021 ging es um koloniale Raubkunst. Die Auszeichnung 2022 rückte „Künstliche Intelligenz“ und Robotik in den Fokus. Allesamt Themen, die zeigen, dass der vermeintliche Elfenbeinturm Wissenschaft Ergebnisse produziert, die für unser Leben höchst bedeutsam sind – oder bald sein werden.

Bei Viazovska ist das auf den ersten Blick anders. Als „eher theoretisch“ charakterisiert sie selbst ihre Arbeit zu geometrischen „Kugelpackungen“. Allerdings verweist die Ehrung der Ukrainerin neben ihrer bahnbrechenden Forschung in der Tradition Carl-Friedrich Gauß’ auch auf die Lage ihrer forschenden Landleute im Angesicht des russischen Angriffskrieges. Viazovska arbeitet seit vielen Jahren im Ausland. Während eine befreundete Kollegin beim russischen Beschuss von Charkiw starb, konnte sie selbst aufgrund ihrer Professur in der Schweiz Teile ihrer Verwandtschaft zu sich nach Lausanne holen.

Anders als Viazovska hat der russische Krieg viele ukrainische Wissenschaftlerinnen, Doktorandinnen und Studenten ins Ausland verschlagen. Nicht wenige von ihnen leben jetzt in unserer Forschungsregion, oft nach kürzester Zeit bestens integriert – gleichwohl unfreiwillig. Auch sie rückt diese Gauß-Medaille ins Licht.