Dass in der Impfpflicht-Debatte über über Parallelen zur Nazi-Politik gegenüber den Juden schwadroniert wird, ist makaber. Und lenkt uns nur ab.

Die „Symbolpolitik“ hat einen schlechten Ruf. Oft werden mit dem Satz „Ist doch nur Symbolpolitik“ Entscheidungen kritisiert, die „auf dicke Hose machen“ – und konkret wenig bringen.

In der über die Maßen brenzligen Phase der Pandemie, in die wir hineingeschlittert sind, bringt uns dieser Einwand aber nicht weiter. Im Gegenteil: Wir brauchen mehr Symbolpolitik! CDU-Landes-Chef Althusmann fordert, in Niedersachsen den Katastrophenfall auszurufen. Der Landeselternrat fordert, die Weihnachtsferien vorzuverlegen. Natürlich werfen die Vorstöße komplizierte Fragen auf. Natürlich lässt sich einwenden, man wisse ja gar nicht, wann sich so wirklich Resultate erzielen lassen.

Wichtiger ist aber: Alles, was hier und jetzt dazu beiträgt, den Ernst der Lage zu verdeutlichen, ist gut. Die für eine echte Corona-Notbremsung notwendige Mentalität scheint sich in erheblichen Teilen der Gesellschaft nicht ausprägen zu wollen. Dass in der Impfpflicht-Debatte über über Parallelen zur Nazi-Politik gegenüber den Juden schwadroniert wird, ist zum einen makaber. Zum anderen lenkt uns das von den wesentlichen Fragen ab: Wie kommt das pandemiemüde Gemeinwesen endlich raus aus diesem „Wir gucken mal“-Modus? Wann erreichen wir eigentlich die Impfquote 90 Prozent? Wie kann ich, wie können wir alle das Infektionsrisiko verringern?

Diese Fragen sind weder neu noch originell. Doch so lange sie nicht beantwortet sind, ist alles andere wirklich alles andere.