Dass Asien von Europa weit entfernt ist, haben offenbar auch einige in den sogenannten Schlüsselindustrien für sich erkannt und trachten nun danach, ihre einst in asiatische Billiglohnländer ausgelagerten Produktionsstätten nach Europa zurückzuführen. Der Trend einer globalisierten Wirtschaft, die in China produziert und ihre Produkte dann in alle Welt verschifft, ist nicht zuletzt durch die Corona-Krise in Frage geraten. Denn die Lieferwege aus Fernost sind lang, und so kommt es hierzulande regelmäßig zum Stillstand, wenn bei der Produktion benötigte Produkte nicht rechtzeitig eintreffen. Zumal droht eine Kostenexplosion durch stetig steigende Energiepreise sowie die Anpassung des Lohnniveaus in China. Ja, auch die Chinesen wollen am Wohlstand partizipieren.

So wird Europa als Standort neu entdeckt und das Produzieren vor der Haustür wieder attraktiv. Wer nun aber glaubt, die Heimkehrer hätten auch Arbeitsplätze mit im Gepäck, der irrt. War im aufkommenden Industriezeitalter noch die menschliche Arbeitskraft ausschlaggebend, um die Maschinen anzutreiben, haben im Informationszeitalter die Computer zunehmend alle Produktionsfäden in der Hand. Nirgends wird dies deutlicher als bei den Autobauern. Der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf die E-Mobilität ist beschlossene Sache, aber auch das Konzept des individuellen Fahrens wird neu gedacht. Erst kürzlich hat der VW-Konzern seinen Weg in die Zukunft der Öffentlichkeit vorgestellt: Die neue Generation „Auto“ fährt elektrisch und selbstständig in unseren Städten. E-Autos benötigen ohnehin bauartbedingt wesentlich weniger komplexe Mechanik, denn Software und Elektronik übernehmen das Steuer. Dies gilt auch bei der Herstellung selbst; Kollege Roboter fährt die neuen Autos nicht nur, er wird sie auch weitestgehend autonom produzieren.

Davon bleibt auch der Arbeitsmarkt der Zukunft nicht unbeeinflusst, erklärt der Wirtschaftssoziologe Hajo Weber und spricht hier selbst von einem dramatischen Wandel. Derzeit sind noch rund 850.000 Menschen direkt in der Autoindustrie beschäftigt, doch wie lange wird dies noch so sein? Laut einer Studie der Arbeitsgruppe NPN könnte jeder zweite Arbeitsplatz in der Produktion in den nächsten zehn Jahren wegfallen. Auch die Zulieferer wären davon betroffen. So scheint es höchste Zeit für eine neue Generation von Politikern, Antworten auf die bevorstehende Veränderungen unserer Arbeitswelt zu finden. Wenn sich in den Fabriken der Zukunft nur noch wenige hoch qualifizierte Ingenieure die Arbeit mit den Maschinen teilen, wer zahlt dann in unser Sozialsystem ein? Provokant gefragt: Wenn Roboter die Autos der Zukunft bauen und fahren werden, könnten sie dann nicht im Umkehrschluss auch zukünftig Steuern zahlen und die Beiträge der Sozialversicherung für uns übernehmen? Dann würde auch nicht ständig über eine erneute Anhebung des Renteneintrittsalters gestritten werden müssen.

Die Autorin ist Bloggerin, freie Journalistin und Medienwissenschaftlerin.