„Es muss schon viel passieren, wenn selbst die fußballverrückten Tifosi zu Hause bleiben.“

Wer den jubelnden Wout Weghorst nach seinem ersten EM-Tor für die Niederlande und seine jubelnden Landsleute nach dem 3:2-Sieg gegen die Ukraine am Sonntagabend auf der Tribüne in der Amsterdamer Arena gesehen hat, der bekam erstmals seit Turnierbeginn richtige EM-Euphorie ab. Bis dato fühlten sich die Partien doch eher wie Testspiele an. Dass es in Amsterdam anders war, lag sicherlich auch am dramatischen Spielverlauf. Aber auch daran, dass die Arena mit 15.800 Fans ordentlich und nah am erlaubten Maximum von 16.000 Zuschauern gefüllt war.

Selbst die italienischen Tifosi zeigen sich zurückhaltend

Aber ansonsten drängt sich als erster Eindruck auf, dass die Uefa mit der Austragung in verschiedenen Ländern keine glückliche Entscheidung getroffen hat – und in Pandemie-Zeiten erst recht nicht. Selbst das Auftakt- und Heimspiel der Italiener gegen die Türkei sorgte nicht für ein volles Stadion. Statt der erlaubten 17.000 Zuschauer kamen nur 12.900 ins Olympiastadion von Rom. Es muss schon viel passieren, wenn selbst die fußballverrückten Tifosi zu Hause bleiben. Negativer Höhepunkt (bislang) war das Spiel zwischen Wales und der Schweiz in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. 30.000 Fans hätten kommen dürfen, 8800 waren im Stadion.

Ein Faktor allein kann das fehlende Interesse nicht erklären

Was bedeutet das zurückhaltende Interesse? Ein Faktor kann es wohl nicht erklären. Es ist die Kombination aus Pandemie-Leben (man hat aktuell andere Sorgen als Fußball), aus fehlender Euphorie im Gastgeberland (weil überall in Europa gespielt wird) und sicher auch aus Fußball-Verdruss. Seit einigen Jahren geht in nationalen Ligen, bei internationalen Wettbewerben und auch bei Länderspielen das Zuschauerinteresse zurück. Der Eindruck, dass die Fifa und die Uefa im Bestreben nach maximalem Profit das Rad zu weit gedreht haben, setzt sich immer mehr durch. Dann muss man sich über freie Plätze nicht wundern.