„Die Frage ist: Wie lange hält der Applaus für das Faktotum Lindner diesmal?“

Die FDP bleibt eine One-Man-Show. Parteichef Christian Lindner bestimmt weiter den Takt. Er ist wie der Straßenmusiker, der gleichzeitig Gitarre spielt, mit den Füßen trommelt und dazu auch noch singt. Nur in die Trompete darf manchmal ein Kubicki blasen. Wenn das musikalisch klappt, ist das erfolgreich und das Publikum bleibt gerne stehen. Wird es dissonant, ziehen alle schnell weiter.

Lindner kennt beides. In seiner Amtszeit spreizt sich die Partei zwischen vier und dreizehn Prozent. Und immer war er dafür verantwortlich. Seine Generalsekretäre dürfen Kulissen schieben oder für Herrenwitze herhalten. Er ist der Star, im Guten wie im Schlechten. Kein Wunder, dass sie sich wieder um ihn geschart haben.

Die Frage ist: Wie lange hält der Applaus für das Faktotum Lindner diesmal? Bis zur Wahl? Das wäre das Ticket in eine Regierung. Lindner wird den Fehler nicht wiederholen und vor der Macht zurückzucken. Er weiß genau: Diesmal muss er springen. Niemand überlebt in der Politik dauerhaft als Schlauberger vom Spielfeldrand.

Der Chef und die Partei – beide haben das Potenzial, um zu regieren. Vieles im FDP-Programm ist moderner und mutiger als das, was andere bieten. Digitalisierung, Bürokratieabbau, Leistung belohnen, ein Bafög, das soziales Engagement honoriert – das ist nicht nur ein Angebot für Reiche.

Der FDP ist es auch gelungen, in der Pandemie die richtigen Fragen zu stellen und die Grundrechte zu verteidigen. Besonders dann, wenn andere sich mit Verbotsforderungen übertrafen. Gleichzeitig profitieren die Liberalen von der Schwäche der Union. Drei Prozentpunkte trennen sie nur noch von der SPD. Zu Zeiten von Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher waren es über dreißig. Keine schlechten Voraussetzungen also für die Liberalen. Jetzt muss der Partei-Star nur noch den Ton halten.