„Der Film der Regisseurin Chloé Zhao gibt den Verlieren, die von Trump nur propagandistisch ausgebeutet wurden, ihre Würde zurück.“

Wenn wir über die USA reden, dürfen wir uns nichts vormachen: Wir reden über ein völlig fremdes Land. Ein in sich verfeindetes, in sich zerrüttetes, ein erbarmungsloses Land. Über ein großartiges, schier übergroßes, zutiefst menschenfreundliches Land. Und von all dem kündet Hollywood, wenn es gut ist. Doch, doch. Dem großen Oscar-Sieger „Nomadland“ gelingt es, das irritierend Widersprüchliche dieses Landes zusammenzubringen. Depression und Pioniergeist, arme Leute, gute Laune, harte Realität und Lagerfeuerromantik. Der Film der Regisseurin Chloé Zhao gibt den Verlieren, die von Trump nur propagandistisch ausgebeutet wurden, ihre Würde zurück. Er knüpft mit seinen Lonely-Rider-Visionen inmitten der ewig grandiosen Landschaften an den amerikanischen Mythos der individuellen Ungebundenheit in endloser Weite an, den schon so viele Regisseure vor ihr bebildert haben. Und suggeriert, dass der Traum immer noch lebendig sei. Und dass er stärker sei als die brutalen wirtschaftlichen Zwänge und all die persönlichen Niederlagen im Rattenrennen um Jobs und Geld. „Nomadland“ ist keine Sozialreportage, keine Anklage. Er regt sogar auf gewisse Weise unsere Sehnsucht an. Er verklärt und beschönigt aber auch nicht. Der Geniestreich der Regisseurin in Sachen Glaubwürdigkeit besteht darin, dass sie eine Schauspielerin mit echten Wohnwagen-Vagabunden interagieren lässt. Es ist der Blick einer Chinesin auf dieses Land , der Blick von außen. Ein politisch kritisches Bild vermittelt diese Mischform sicher nicht. Aber ein versöhnliches. So hat die Oscar Academy in diesem Jahr offenbar einiges richtig gemacht. Auch in Form der ersten Siegerehrung für eine Ausländerin. Das milde Licht der Versöhnung und des trotzigen Optimismus, das dieser Film ausstrahlt, tut den USA derzeit wohl dringend not.

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