„Infektionsraten von unter 50 sind im Aufbau der dritten Welle unrealistisch.“

Es sollte ein Fahrplan für den Weg in die Freiheit werden. Aber der jüngste Beschluss der Länderchefs und der Bundesregierung ist ein Regelungsmonster geworden, das nur mit Bedienungsanleitung zu verstehen ist. Es presst unser Leben in neun Tabellen-Säulen und verspricht Freiheiten, die es gar nicht geben kann.

Beispiel Schnelltests: Schon ab dem 8. März sollen sie etwa Zugang zu Kosmetiksalons eröffnen. Weder Wirtschaft noch Staat haben aber so rechtzeitig bestellt, dass genug Tests für alle da sind.

Auch die veranschlagten Inzidenzen halten kluge Virologen für utopisch. Infektionsraten von unter 50 sind im Aufbau der dritten Welle unrealistisch und damit verbundene Ladenöffnungen ab kommendem Montag höchstens ein frommer Wunsch. Die Alternative bei hoher Infektionsrate, das Shopping mit Terminbuchung, mag im Möbelhaus funktionieren. Die meisten Händler können sich kein Terminsekretariat leisten. Am ärgerlichsten ist: Der Stufenplan hätte viel ambitionierter sein können, wenn die Regierung zwei Dinge entschlossener und besser gemacht hätte: die Beschaffung des Impfstoffes, die man der EU-Bürokratie überlassen hat, und das Organisieren der Impfkampagne.

Während deutsche Impfwillige in Telefon-Warteschleifen verzweifeln, ziehen Impftrupps in Israel durch Bars und impfen jeden, der nicht bei drei auf dem Baum ist.

Das Beispiel zeigt: Wenn mehr Kraft in den bürokratisch-regulatorischen Überbau als in konkretes Handeln gesteckt wird, ist das Ergebnis am Ende mager.

Ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie und mit über 70.000 Toten steht fest: Es müssen mehr echte Macher ran. Politiker, die sich selbst für die weltgrößten Virologen und die Betroffenen und echte Logistik-Profis auf Abstand halten, sind eher ein Teil des Problems als ein Teil der Lösung.