„Lange Sitzungen sind es, die die Öffentlichkeit in Atem halten, obwohl dabei mehr als Lockdown hier, Lockerung da, Schulöffnung da nicht herumkommt.“

Damals, in der Frühphase der Pandemie, begannen auch die Deutschen zu ahnen: Das Coronavirus ist ziemlich ansteckend und ganz schön gefährlich. Dennoch ermöglichte ein konsequenter Lockdown im Frühjahr einen entspannten Pandemiesommer. Deutschland hat es wieder mal richtig gemacht, lobte das Ausland. Die Bevölkerung war entspannt. Es ist Pandemie? Halb so wild. Ist ja Deutschland, das Land der klugen Köpfe, der Erfinder, der Gründerinnen.

Tatsächlich entwickelte das deutsche Forscherpaar Özlem Türeci und Uğur Şahin den ersten Impfstoff (Biontech). Tatsächlich zeigt eine überwiegend disziplinierte Bevölkerung, dass sie verstanden hat, worauf es in der Pandemie ankommt: Maske tragen, Abstand halten, Kontakte meiden. Dennoch hat Deutschland längst die Rolle des Klassenprimus verloren. Und ein Ende ist nicht in Sicht, daran ändern auch die Bund-Länder-Schalten im 14-Tage-Rhythmus nichts.

Lange Sitzungen sind das, die die Öffentlichkeit in Atem halten, obwohl dabei mehr als Lockdown hier, Lockerung da, Ausgangssperre hier, Schulöffnung da nicht herumkommt.

Die Experten, die Wissenschaftlerinnen, die Erfinder sind längst weiter, doch in Deutschland ist die Politik in Halbherzigkeit, Mutlosigkeit und Populismus gefangen. So kommt es, dass in Düsseldorf Spaziergänger nicht stehen bleiben dürfen, dass in Hamburg Jogger ohne Maske in Parks gejagt werden, dass aber Kinder ungetestet in Klassenräumen sitzen – und alte Damen beim Friseur.

Tatsache ist: Die Pandemie lässt sich mit einer reinen Lockdown-Politik nicht bewältigen. Langfristig braucht es mehr kluge Köpfe – und davon hat Deutschland mehr als genug. Wie arrogant von den Corona-Verantwortlichen, dieses Know-how so wenig zu nutzen.