„Die SPD-Doppelspitze hat jetzt die Ideen für das Wahlprogramm auf den Tisch gepackt, und die eröffnen neue Perspektiven.“

Sechs Monate vor der Bundestagswahl werden die Kanten klarer, an denen entlang nach dem 26. September eine neue Regierung zusammenfügt werden kann. Schwarz-Grün galt lange als die plausibelste Neupaarung, denn nach der zweiten Auflage der großen Koalition ist die Luft raus bei Schwarz-Rot. Aber es muss nicht auf eine Liebesheirat zwischen grün angestrichenen Konservativen und sich konservativ gebenden Grünen hinauslaufen. Für die Genossen gibt es eine Regierungsoption – und zwar links.

Die SPD-Doppelspitze hat jetzt die Ideen für das Wahlprogramm auf den Tisch gepackt, und die eröffnen neue Perspektiven. Vieles davon wird im Lager der Linkspartei gut ankommen. Die harte Abkehr von Hartz IV, die Besteuerung der sogenannten Besserverdiener, ein Tempolimit. Was Norbert ­Walter-Borjans und Saskia Esken aufgeschrieben haben, passt zu einem rot-rot-grünen Projekt – oder grün-rot-roten Projekt, blickt man auf die derzeitigen Mehrheiten.

Die alte Arbeiterpartei hat gute Gründe, sich an ihre Urklientel zu erinnern. In zwei großen Koalitionen hat die SPD Verantwortung bewiesen. Aber es hat der Partei nichts gebracht: 16 Prozent sind fast schon Todeszone.

Nicht nur beim Programm bekennt die SPD Farbe. Es gibt schon lange einen ernst zu nehmenden Kanzlerkandidaten. Olaf Scholz mögen viele ja langweilig finden, aber er ist grundsolide und kann regieren. Er wird dafür sorgen, dass beim Linksabbiegen der SPD keinem schwindelig wird.

Eine linke Mehrheit ist möglich. Und beim Höhenflug der Union ist die Schubumkehr durch eigene Fehler längst eingeleitet. Die schleppende Impfkampagne, die Pannen des Jens Spahn, ein mutmaßlicher Abkassierer im Bundestag werden Zustimmung kosten. Kurzum: Das Rennen um die Macht wird spannender als gedacht.