„Die Polizei kennt die Leute, hält sie für Gefährder, kann sie aber oft genug nicht stoppen.“

Es ist zwei Tage her, dass Angreifer die Universität in Kabul stürmten, 19 Menschen töteten und 22 verletzten. In Europa nimmt man solche Ereignisse aus dem Augenwinkel wahr. Wenn Europa zum Schauplatz einer ex­tremistischen Bluttat wie in Wien wird, sollten wir uns klarmachen, dass der Terrorismus ein weltweites Unglück ist, dass wir relativ sicher leben und die Opfer oft Muslime sind. Man vergisst das schnell.

Es gibt keine Insel der Seligen, der Terror kann jeden Staat treffen, auch Österreich, das weniger soziale Brennpunkte aufweist als Frankreich. Es bewahrheitet sich eine Erfahrung, die der frühere Verfassungsschutzpräsident Maaßen mal so beschrieben hat: Immer, wenn es zu einem Anschlag kommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Täter den Behörden bekannt ist.

So war es beim Attentäter von Berlin, auch neulich beim Messerstecher in Dresden, so verhält es sich beim Hauptverdächtigen in Wien, der aus dem Gefängnis entlassen worden war, sogar vorzeitig. Die Polizei kennt die Leute, hält sie für Gefährder, kann sie aber oft genug nicht stoppen.

Wir haben in den 19 Jahren seit New York, seit „9/11“, den Islamismus studiert und analysiert, die Sicherheitsbehörden verstärkt, hochgerüstet, bis an die Grenzen des Rechtsstaates aufgewertet, in manchen Staaten auch darüber hinaus. Aber wir sind nicht wirklich weitergekommen. Prävention und Deradikalisierung laufen nicht gut, ausgerechnet Gefängnisse sind häufig Radikalisierungsräume. Das muss uns schon deswegen alarmieren, weil in den hiesigen Haftanstalten über 100 Islamisten einsitzen, die irgendwann – wie der Attentäter von Wien – freikommen werden. Die Gefängnisse müssten eigentlich ein Vorwarnsystem sein. Und im Zweifel darf man einen freigelassenen Gefährder eben nicht aus den Augen lassen.