„Die Reisewarnung ist ein Appell an die Verantwortung des Einzelnen. Tui führt diese nun ad absurdum.“

Tui möchte wieder auf die Kanaren fliegen, und zwar schon ab dem nächsten Wochenende, obwohl für ganz Spanien eine Reisewarnung der deutschen Bundesregierung gilt. Der Deutschland-Chef des Reisekonzerns betont, man stelle sich mit dem Angebot nicht gegen die Bundesregierung – aber natürlich tut Tui das. Die Reisewarnung ist zwar kein Verbot, aber doch die deutliche Empfehlung, nicht in das Urlaubsland zu reisen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.

Die Warnung ist damit ein Appell an die Verantwortung des Einzelnen. Tui führt diese nun ad absurdum. Mit seinem Angebot lädt der Reisekonzern den Einzelnen nämlich – offenbar ganz bewusst – dazu ein, sich verantwortungslos zu verhalten. Schließlich weiß der Reiseanbieter ganz genau, dass sein Kanaren-Angebot die Bereitschaft, dorthin in den Urlaub zu fliegen, wohl stark ansteigen lässt. Wer es nutzt, wird sich denken: Wenn Tui hinfliegt, ist es in Ordnung, dass wir auf den Inseln Urlaub machen. Moralisch lässt sich das für den Einzelnen dadurch leichter tragen – man hat ja nur angenommen, was angeboten wurde. Sollte sich dann ein Reisender doch anstecken, steht er ziemlich allein da. Zwar bietet Tui auch Versicherungen an, aber zwei Wochen Quarantäne bedeuten zwei Wochen Einschränkungen und Einbußen, auch gesamtgesellschaftlich, zum Beispiel zwei Wochen Arbeitsausfall. Natürlich ist Tui durch die Corona-Krise heftigst getroffen, natürlich ist es verständlich, dass der Konzern viel daran setzt, nun langsam wieder Geld zu verdienen. Aber einer Regierung auf der Nase herumzutanzen, die Milliardenhilfen für Tui locker macht, dürfte dem Reiseanbieter im Zweifel nicht gut ausgelegt werden – nämlich dann, wenn die Reisen dazu beitragen, dass sich Corona wieder stärker ausbreitet – hierzulande und auf den Kanaren.