„Dem Klimawandel ist es egal, ob sich Schwule oder Heteros gegen ihn engagieren.“

Da regt mich ja die Frage schon auf! So echauffierte sich Evelyn Hamann im Loriot-Sketch über Skepsis bei der Berufsausbildung von Frauen. Und so hätte der Ärger über das Interview mit Friedrich Merz beginnen können. Wer kommt überhaupt darauf, dass man etwas gegen einen schwulen Kanzler haben könnte? Die Gesellschaft ist längst weiter, hat einen schwulen Berliner Bürgermeister gewählt – und einen schwulen Außenminister jedenfalls nie, weil er schwul war, kritisiert.

Für Merz war die Frage natürlich eine Falle, da er dabei an seinen Konkurrenten Spahn denken musste – und weil er als Konservativer nun bekennen musste, ob er im 21. Jahrhundert angekommen ist. Merz’ Antwort sieht im Wortlaut okay aus. Ja, er könne sich einen schwulen Kanzler vorstellen, im Übrigen sei Sexualität Privatsache. Das stimmt, dem Klimawandel ist es egal, ob sich Schwule oder Heteros gegen ihn engagieren, und man würde sich angesichts ausufernder Genderdebatten manchmal wünschen, dass Menschen von ihren persönlichen Befindlichkeiten zugunsten größerer Probleme absehen könnten. Für die Rechte sexueller Minderheiten müssen sich im Übrigen alle einsetzen.

Schaut man sich das Interview an, kommt Merz’ Antwort verkniffen. Er redet sich erst wieder in Fahrt, als er gegen Kindesmissbrauch spricht. Formal ist das auf seine generelle Aussage zur Sexualität als Privatsache bezogen. Dass er das Thema aber auf die Frage nach dem schwulen Kanzler selbst eröffnet, zeugt schon von gewissen persönlichen Assoziationswegen. Er hätte auf die Nachfrage, ob ein schwuler Kanzler normal sei, einfach nur sagen können: klar.