„Auch wenn sich bald 200.000 Menschen angesteckt haben, starben hier nicht so viele Menschen wie in anderen Ländern.“

Kürzlich in einem italienischen Restaurant. Alle Plätze voll besetzt. Kaum ein Tisch hatte zum anderen mehr Abstand, als der schlanke Kellner brauchte, um sich hindurchzuschlängeln. Die Stimmung war gut, die Luft im Raum erhitzt durch viele Menschen, gute Gespräche und Wein.

Beste Voraussetzungen also für einen gelungenen Abend. Und beste Voraussetzungen für ein Corona-Super-Spreader-Event. Was ist eigentlich mit den Leuten los?

Ein bisschen kann ich die Gäste verstehen. Seit dem 18. März – seit Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer dramatischen TV-Ansprache alle Deutschen bat: „Wir müssen aus Rücksicht voneinander Abstand halten“ – seither reißen wir uns zusammen.

Und wir machen das gut. Wirklich die meiste Zeit. Das beweisen die Corona-Statistiken. Vielleicht fällt das den Deutschen sogar leichter als anderen Nationen. Experten sehen das als Teil des deutschen Erfolgs in der Corona-Pandemie. Auch wenn sich bald 200.000 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus angesteckt haben, so gab es nie überfüllte Intensivstationen, starben hier nicht so viele Menschen daran wie in anderen Ländern.

Alle Regeln, die mit Corona kamen – wie in die Armbeuge zu niesen, uns ordentlich die Hände zu waschen, am besten auch jedes Mal, wenn man ein Büro, ein Haus oder eine Kita betritt –, das sind alles Regeln, die selbstverständlich geworden sind. Die uns rücksichtsvoller gemacht haben. Außerdem überlegen wir uns genauer, was wir einkaufen und ob überhaupt. Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft verändert. Wie sehr, wird man erst wissen, wenn sie wirklich vorbei ist.

Angela Merkel hat jedenfalls bisher keine weitere TV-Ansprache gehalten, um das Ende der Corona-Pandemie zu verkünden. Es heißt also weiter: Abstand halten.