„Deutschland kam dank staatlichen Engagements wesentlich schneller aus der letzten Krise als die allermeisten anderen Länder der Erde. Möge es auch diesmal so kommen.“

Wie komm ich am besten den Berg hinan?“ Steig nur hinauf und denk nicht dran!Friedrich Nietzsche

In Zeiten der Ungewissheit ist man versucht, die Inhaber letzter Wahrheiten neidvoll zu betrachten. Die Erfahrung lehrt, dass es selten angebracht ist, im Falle des US-Präsidenten wäre davon strikt abzuraten. Der Mann, der immer schon alles wusste, hat bei der Bewältigung der Corona-Pandemie schwere Fehler gemacht. Die Menschen in seinem Land bezahlen teuer dafür. Aber statt ein einziges Mal in seinem Leben sich in Demut zu üben und, wie es der französische Präsident Macron gerade vormacht, den Irrtum einzuräumen, erklärt er die Weltgesundheitsorganisation zum Schuldigen.

Nun kann man tatsächlich der Meinung sein, dass die Ausrufung des Gesundheitsnotstandes eine Woche früher angeraten gewesen wäre. Eine gewisse Distanzlosigkeit zu den kommunistischen Herrschern bei China-Besuchen wäre besser vermieden worden. Aber sonst? Auch wenn man seinen Ausführungen nichts davon anmerkt – Trump wird Fachleute haben, die ihm sagen: Die WHO ist keine Gesundheitspolizei und auch kein Beschlussgremium wie der Weltsicherheitsrat, das Sanktionen verhängen könnte. Sie ist darüber hinaus von den Informationen ihrer Mitgliedsstaaten abhängig. Und dennoch hat sie bei der Koordination in dieser beispiellos unübersichtlichen Krisenlage einen guten Job gemacht.

Trump dreht der WHO jetzt den Geldhahn zu – es ist eine weitere unverantwortliche Tat eines Mannes, für den das Gefühl der ethischen Bindung seines Tuns allerspätestens an den Grenzen des eigenen Landes endet. Falls es dabei bleibt, was bei diesem Homo erraticus ja gar nicht sicher ist, würde die Leistungsfähigkeit der WHO beschädigt. Einen schlechteren Zeitpunkt könnte es nicht geben. Denn gerade erreicht das Corona-Virus ärmere und ärmste Länder, die der Unterstützung in viel elementarerer Weise bedürfen als die Staaten Europas.

Bei uns verhalten sich die Regierungen des Bundes und der Länder deutlich klüger. Zwar tragen die Lockerungen, die Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten diese Woche vereinbart haben, Licht und Schatten. Doch unterm Strich steht Positives.

Gut, dass es diesmal ein abgestimmtes Verfahren für die Bundesrepublik gibt. Noch besser, mit welcher Bedachtsamkeit über die Lockerung der Einschränkungen des öffentlichen Lebens beraten wurde. Nicht in der Geschwindigkeit liegt der Zauber, sondern in der klugen, gründlichen Abwägung.

Aber ob es im Ergebnis erneut so kompliziert sein musste? Der Arbeitgeberverband Braunschweig hat auf die Ungerechtigkeiten hingewiesen, die sich aus der unterschiedlichen Behandlung der Branchen ergeben. Mit dem Seuchenschutz alleine ist das nicht zu erklären. Nehmen wir das Beispiel des Handels: Das Virus bedroht Kunden großer Einhandelsfilialen bei entsprechenden Vorkehrungen nicht mehr und nicht weniger als die kleiner Geschäfte. Baumarktkunden haben, so weit wir wissen, keine besseren Abwehrkräfte als die von Elektromärkten.

Wie wird wohl das Corona-Programm an den Schulen funktionieren? Umschichtiger Unterricht ist sicher nicht leicht sinnvoll zu gestalten. Und was mag in den Schülern vorgehen, die bald Abschlussprüfungen schreiben sollen? Ihre seelische Ausnahmesituation wird von der Kultuspolitik ignoriert.

Insgesamt ist der Bundesregierung und den Landesregierungen dennoch zu attestieren, dass sie nachvollziehbar und verantwortungsbewusst entscheiden. Besonders wichtig: Deutschland hat sich entschiedener und rascher den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gestellt und Gegenmaßnahmen ergriffen als irgend ein anderes Land. Diese Entschlossenheit ist in vergangenen Jahren häufiger vermisst worden; jetzt schafft sie Zuversicht und Vertrauen.

An den fraglos jetzt entstehenden Schulden und an den Kurzarbeit-Löchern in der Kasse der Arbeitsagentur werden wir noch zu kauen haben – aber es wird leichter fallen, die Krisenhilfe abzustottern, wenn die Konjunktur nach Corona kraftvoll startet. Die Hilfe schützt Strukturen unserer Wirtschaft, mit deren Hilfe die Aufholjagd im zweiten Halbjahr und in den Jahren danach leichter werden wird. Wir haben in der Weltfinanzkrise erlebt, wie staatliches Handeln den Schaden für unser Land reduzierte. Deutschland kam schneller aus der Krise als die allermeisten anderen Länder. Möge es auch diesmal so kommen.

Hilfe ist in unserem Land nicht nur eine Sache des Staates. Wohin man blickt, engagieren sich Menschen für andere, nähen Schutzmasken und helfen im Alltag. Ihnen soll auch das „Goldene Herz“ mit der Sonderaktion „Helfen Sie den Helfern“ Unterstützung geben.

Die Hilfsbereitschaft unserer Leserinnen und Leser ist eine kostbare Erfahrung, die sich seit vielen Jahren wiederholt. In diesem Jahr scheint nicht nur die Not besonders groß zu sein. Die Hilfsbereitschaft ist es auch. Ein zweiter Großspender hat sich gemeldet, will 150.000 Euro zur Verfügung stellen. Angesichts dieser Summe fragte Henning Eschemann, von Beginn an mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband eine Säule dieser Spendenaktion, etwas ungläubig nach. Dieser Spender will, wie schon der erste, der unsere Aktion eröffnet hat, nicht genannt werden.

Aber an dieser Stelle kann man immerhin so viel sagen: Schön, dass es Menschen gibt, die Anteil nehmen und ihre Möglichkeiten nutzen, um zu helfen. Dankeschön an diese Großspender und an jeden einzelnen von Ihnen, der sich mit größeren, aber gerne auch ganz kleinen Beträgen beteiligt! Wir werden in Kürze die ersten Hilfen auszahlen. Sie lesen davon in Ihrer Zeitung!