„Die widerlichste Erscheinung der Corona-Krise ist ein alter Bekannter, der Kriegsgewinnler.“

Wenn sie dürften, würden Langfinger Kurzarbeit beantragen. Viele Läden sind geschlossen, kaum jemand auf der Straße, Polizisten umso mehr. Schlecht sind die Zeiten auch für Einbrecher – alle zu Hause. Verbrecher mögen über alle Berge sein, selten über die Grenze, die sind großteils geschlossen. Die offene Drogenszene ist so offen nicht mehr. Und kein Nachtleben bedeutet: weniger Anlässe für Exzesse oder Gewalteskalationen. Kein Fußball, keine Hooligans. Das Lagebild der Kriminalität in Corona-Zeiten ist mit einem Wort: differenziert.

Es gibt einen Erfahrungssatz, der seine Gültigkeit bewahrt hat: Gelegenheit macht Diebe. Es ist die Stunde der Trickbetrüger, der kleinen und größeren Gaunereien. Sie nutzen die Angst vor Corona aus. Wenn alle online sind, im Homeoffice, sind Cyberkriminelle nicht offline. Tendenziell wird diese Kriminalitätsform zunehmen. Absehbar ist auch die Zunahme von häuslicher Gewalt. Das ist eine Nebenwirkung der Abschottungspolitik. Da stößt die Polizei an Grenzen. Da wäre Sozialarbeit gefordert, Zuwendung, obgleich uns „social distancing“, Abstand halten, als zeitgemäße Form der angewandten Menschenliebe gepredigt wird.

Die widerlichste Erscheinung der Corona-Krise ist ein alter Bekannter, der Kriegsgewinnler. Der Markt kennt keine Moral. Nur Angebot und Nachfrage. Beim Benzin sinkt der Preis, beim Mundschutz explodiert er. Gestern drei Cent für einen Mundschutz, heute 70. Man kann froh sein, bestimmte Waren zu Wucherpreisen zu bekommen, weil es nämlich eine Steigerung gibt: Lieferungen, die mangelhaft oder betrügerisch sind. Der Markt mit gefälschten Gesundheits- und Sanitätsprodukten floriert. Das wird den Rechtsstaat lange beschäftigen. Je länger die Corona-Krise und die Kontaktbeschränkungen anhalten, desto schwieriger wird es, die Ordnung aufrechtzuerhalten.