„Röttgen will nicht zusehen, wie die neue Macht an ihm vorbei verteilt wird.“

Wer die CDU mal irgendwie langweilig fand, ist spätestens jetzt eines Besseren belehrt: Die Blitz-Kandidatur von Norbert Röttgen macht die Suche nach dem neuen Chef noch spannender. Bislang wurden mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Fraktionschef Friedrich Merz und Gesundheitsminister Jens Spahn nur drei potenzielle CDU-Chefs öffentlich gehandelt. Jetzt bringt sich ein Vierter überraschend ins Spiel. Und Norbert Röttgen ist der Einzige, der sich unmissverständlich erklärt hat. Fehlt nur noch eine Frau, die auch sagt: Ich will!

Die neue Dynamik ist unbequem für die anderen Bewerber und setzt sie unter Zugzwang. Sie befinden sich noch im Status des „möglichen Kandidaten“. Auch Hinterzimmer-Absprachen und Team-Lösungen sind viel schwerer.

Neben Merz greift jetzt ein zweiter Merkel-Gegner nach der Macht. Merz hat wegen der Entlassung als Fraktionschef noch eine Rechnung offen. Röttgen trägt der Kanzlerin seinen Rauswurf aus dem Kabinett nach. Das konnte er bei seiner Antrittspressekonferenz nicht verbergen. Dass er es macht, um die „Zukunft der CDU“ zu retten, klingt allerdings ziemlich breitbeinig. Naheliegender ist, dass Röttgen nicht zusehen will, wie die neue Macht an ihm vorbei verteilt wird. Es tut der Demokratie sicher gut, wenn viele Politiker bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. In der Union stecken noch Alphatiere. Da hat die CDU der SPD eindeutig etwas voraus.

Makulatur ist allerdings der Regieplan der Parteivorsitzenden. Die Führungsfrage muss schnell geklärt werden. Bis Nikolaus zu warten, ist keine gute Idee. Denn wenn der Prozess zu lange dauert, wird aus dem Neustart eher eine quälende Demontage für alle Beteiligten. Und das ist das Letzte, was die CDU in der schwierigen Phase des Übergangs in die Nach-Merkel-Ära gebrauchen kann.