„Von weiteren Wohltaten für die Versicherten muss Minister Spahn daher zunächst dringend Abstand nehmen.“

Erstmals seit 2015 haben die Krankenkassen das Jahr wieder mit einem Verlust beendet. Auch wenn das Defizit gleich im Milliardenbereich liegt, ist das erst einmal nicht weiter schlimm. Schließlich verfügen die Krankenkassen über einen Puffer von fast 21 Milliarden Euro – gut das vierfache der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve. Kein Grund zur Panik also, noch lebt der Patient namens Gesundheitswesen. „Beitragsgelder sind keine Sparanlagen“ – mit diesem Spruch hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Krankenkassen aufgefordert, Zusatzbeiträge zu senken und Reserven abzubauen. Damit hat er recht.

Zugleich müssen die Krankenkassen aber auch etliche kostspielige – jedoch zugleich überaus sinnvolle und teils überfällige – Verbesserungen finanzieren. Die gesetzlich Versicherten, und damit die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, profitieren von Angeboten wie dem Terminservicegesetz, mehr und besser bezahlten Pflegekräften sowie neuen Medikamenten. Das sollte jedem Versicherten die Mehrausgaben wert sein.

Und dennoch geben die schlechten Zahlen der Krankenkassen zu denken. Deutschland erlebt gerade den höchsten Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung. Damit haben auch die Beitragszahlungen einen neuen Höchststand erreicht. Wenn selbst dieses Rekordniveau nicht ausreicht, um die Leistungen der Kassen vollständig zu finanzieren, wird klar, dass der Griff in die Rücklage die grundsätzlichen Pro­bleme nur für ein paar Jahre kaschieren kann. Mittel- und langfristig kann es so nicht weitergehen.

Zudem ist der Ausblick auf das Wirtschaftsjahr 2020 weiterhin trüb. Ob der Beschäftigungsboom anhält, lässt sich noch nicht verlässlich sagen. Damit sind die Beitragseinnahmen in Gefahr. Von weiteren Wohltaten für die Versicherten muss Minister Spahn daher zunächst dringend Abstand nehmen.