Die Widerstände gegen von der Leyens ökologischen Parforceritt liegen nicht nur in der deutschen Innenpolitik.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen betreibt das, was die Amerikaner „think big“ nennen. Sie hat kühne Pläne und arbeitet an großen Projekten. Europa soll mit dem „Green Deal“ globaler Vorreiter beim Klimaschutz werden. Die Zielmarke, bis 2050 den Kontinent klimaneutral zu machen, könnte ambitionierter nicht sein.

Die Politikerin unterstreicht damit, dass sie einen feinen Sensor für die Strömungen der Zeit hat. Greta Thunberg ist zum Popstar der weltweiten Klimabewegung geworden. Die Grünen sind auf dem Vormarsch. Doch eine missionarische Kampagne bringt noch keinen Fortschritt. Die hehren Absichten von der Leyens sind noch vage und wolkig. Sie müssen in Gesetze gegossen werden. Die Umsteuerung von Industrie, Verkehr und Landwirtschaft auf einen klimaschonenden Weg ist eine enorme politische Herausforderung mit einem gigantischen Preisschild: Die von von der Leyen prognostizierte Summe über eine Billion Euro bis 2030 dürfte nicht reichen.

Fest steht: Das Vorhaben lässt sich nicht durchboxen. Es braucht Maß und Mitte. So kann die Auto-Industrie, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, keinen Kickstart Richtung Elektromobilität hinlegen. Ebenso wenig dürfen Benzinpreise in astronomische Höhen steigen, sodass Geringverdiener über Gebühr belastet werden.

Die Widerstände gegen von der Leyens ökologischen Parforceritt liegen nicht nur in der deutschen Innenpolitik. In der EU legen sich vor allem die Osteuropäer quer. Polen, das seine Energie zu knapp 80 Prozent aus Kohle bezieht, will sich eine drastische Reduzierung der CO2-Emissionen teuer bezahlen lassen. Selbst wenn sich die EU am Ende ein feierliches Bekenntnis zur Klimaneutralität bis 2050 abringt: Der Praxispfad wird mühsam, dornig und mit schmerzhaften Kompromissen gepflastert sein.