„Die SPD hat kein Druckmittel mehr in der Hand. Die Drohung mit dem Ende der GroKo ist keine Drohung mehr.“

Der SPD-Parteitag ist vorüber, die neuen Vorsitzenden sind installiert. Jetzt muss die Phase der Selbstbeschäftigung, der Selbstvergewisserung, der Selbstfindung und der Selbsttherapie der Sozialdemokraten sofort ein Ende haben. Mögen alle verantwortlichen Genossen die weihnachtliche Ruhe dazu nutzen, sich schnell zu entscheiden, was sie künftig in diesem Land tun wollen.

2020 wird ein entscheidendes Jahr: Der Brexit wird kommen, die USA werden in einem schmutzigen Präsidentschaftswahlkampf versinken, Europa wird in der Debatte um die künftige Verteilung von Zahlungen auf eine harte Probe gestellt werden.

2018 musste sich die Union neu erfinden, 2019 dann die SPD. Es wäre deswegen schön, wenn 2020 mal einfach nur regiert würde. Wenn die SPD aber merkt, dass sie dass nicht mehr will und kann – dann muss sie aus der großen Koalition raus. Und zwar ganz schnell, ohne unwürdiges Taktieren über Wochen hinweg. Und wenn das nicht klappt, muss die Union die Reißleine ziehen. Indem sie zügig Grenzen definiert, die sie nicht bereit ist, zu überschreiten.

Die Idee von Nachverhandlungen mit der Union ist unrealistisch. Sicher wird man sich in Koalitionsausschüssen an aktuelle Entwicklungen anpassen können. Aber wenn man in der SPD davon träumt, die Abschaffung von Hartz IV­ durchzusetzen, dann sollte man ganz schnell aufwachen. Die SPD hat kein Druckmittel mehr in der Hand. Die Drohung mit dem Ende der GroKo ist keine Drohung mehr. Durch das Hin und Her sind mittlerweile alle abgestumpft. „Sollen sie doch endlich gehen“, heißt es jetzt in der Union. Die Idee, dass man sich zu weiteren Kompromissen hinreißen lässt, findet nur noch wenige Befürworter. Zumal die SPD der Union in dieser Koalition schon viel abverlangt hat. Sie begreift es nur leider selbst nicht.