„Donald Trump korrigiert einmal begangene Fehler nicht. Er macht sie mit der ihm eigenen Hybris noch schlimmer.„

Donald Trump korrigiert einmal begangene Fehler nicht. Er macht sie mit der ihm eigenen Hybris noch schlimmer. Der Totalabzug der 1000 noch verbliebenen US-Soldaten aus Nordsyrien fällt in diese Kategorie.

Obwohl von Anfang an klar war, dass Trumps „Carte blanche“ für den türkischen Präsidenten Erdogan eine fürchterliche Kettenreaktion auslösen wird: Sie befördert den Vernichtungskrieg gegen die Kurden durch die Türkei, die sich dabei auch arabischer Killer-Milizen bedient. Sie begünstigt das Wiedererstarken des Terrornetzwerks „Islamischer Staat“ (IS). Sie wird den Flüchtlingsdruck auf Europa erhöhen und dort das Anschlagsrisiko durch IS-Kämpfer. Sie konsolidiert die Macht des syrischen Diktators Assad. Und sie lädt Russland zum destruktiven Mitmischen im Mittleren Osten förmlich ein. Das ist erfahrungsgesättigtes Wissen. Regierungsbeamte in Washington beten es im Schlaf herunter.

Trotzdem zieht Trump unbeirrbar durch. Er will, innenpolitisch massiv durch ein bevorstehendes Amtsenthebungsverfahren in der Ukraine-Affäre unter Druck, ein Wahlversprechen erfüllen: die Heimholung amerikanischer Soldaten aus Konflikten fern der eigenen Scholle. Dass er seine strategielose Politik gegen den erbitterten Widerstand des republikanischen Establishments und unter Androhung von Anti-Türkei-Sanktionen des Kongresses durchsetzt, muss zutiefst beunruhigen. Nur Despoten reagieren taub, wenn verlässliche Hofnarren wie Senator Lindsey Graham Trumps Syrien-Politik als den größten Fehler seiner Präsidentschaft geißeln. Aber den Oberbefehlshaber der größten Streitmacht der Erde bekümmert die Tatsache nicht, dass Washington gerade die Restbestände an Glaubwürdigkeit verspielt?

Wer die Kurden so schäbig verrät, die trotz vieler Rückschläge seit Jahrzehnten für Amerika gekämpft haben und gestorben sind, muss sich fragen lassen: Können die Polen und die Balten, kann Europa im Falle eines Falles auf den Beistand der USA zählen, solange dieser unberechenbare Hasardeur die Zügel der Macht in der Hand hält? Trumps Übergang vom Weltpolizisten wider Willen zum Steine­schmeißer und Luftverpester der internationalen Diplomatie ist in der Kurden-Frage am augenfälligsten. Aber das Desaster ist kein Einzelfall. Seit sich der Präsident seriösen Sachverstands entledigt hat (Verteidigungsminister James Mattis) und sich mit Jasagern umgibt (Außenminister Mike Pompeo), häufen sich Fehltritte, die jeder für sich Krisen von internationaler Dimension auslösen kann.

Trump hat die Verhandlungen mit den Taliban über einen Burgfrieden in Afghanistan vor die Wand gefahren. Kurz darauf zielte seine Politik des „maximalen Drucks“ mit dem Iran ins Leere. Teherans Präsident Rohani ließ den um ein Gespräch geradezu bettelnden Trump am Rande der UN-Vollversammlung in New York links liegen. Nur wenig später ging die versuchte Wiederbelebung der erfolglosen Gespräche über die Denuklearisierung Nordkoreas nach hinten los. Kim Jong-un zog seine Verhandler aus Stockholm ab und droht indirekt ab 2020 wieder mit Tests von atomar bestückbaren Raketen, die Amerika erreichen könnten. In diesem Schadensbericht sind die gescheiterten Bemühungen, in Venezuela das Maduro-Regime abzulösen und via Schwiegersohn Jared Kushner den „ultimativen“ Friedensplan zwischen Israel und Palästinensern auf den Weg zu bringen, nur noch Fußnoten.

Donald Trumps Außenpolitik ist eine immer dichter werdende Abfolge von Enttäuschungen und Katastrophen, die die Welt jeden Tag mehr in Gefahr bringt.

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