Zwischen Fraktion und Partei ist geklärt, wer Koch und Kellner ist. Özdemir würde daran rühren

Die Grünen haben ihre eigene Casting-Show. „Ich bin ein Star – Lasst mich wieder rein.“ Cem Özdemir strebt wieder VIP-Status an: den Vorsitz der Fraktion.

Die Bürger werden einfache Fragen stellen: Was will er anders machen als die bisherige Führungsspitze? Und wer ist die Kandidatin an seiner Seite, Kirsten wer?

Ihre Stärke verdanken die Grünen ihrem Identitätsthema (Umwelt) und ihrer Geschlossenheit. Und nun kommt einer, der Ehrgeiz, Eloquenz und politisches Geschick verspricht, aber mit dem sich keine Richtungsentscheidung verbindet. Auf eine unbeholfene Weise ist der Amtsinhaber Toni Hofreiter authentischer als der Herausforderer. Den Greta-Award für Flugscham würde er eher als Özdemir gewinnen.

So attraktiv Özdemirs Angebot ist, so ungelegen kämen Rangkämpfe. Erstens will die große Koalition am 20. September weitreichende Klimabeschlüsse fassen – ein Machtkampf würde nur vom Wesentlichen ablenken. Zweitens steht eine Wahl in Thüringen an, im Heimatland der Politikerin, der Özdemir im Realo-Lager Konkurrenz macht: Katrin Göring-Eckardt.

Nachgerade rührend ist das Versprechen, Özdemir und Kirsten Kappert-Gonther würden einen stimmigeren Doppelauftritt hinlegen als Göring-Eckardt und Toni Hofreiter. In Wahrheit kann man sich Augenhöhe nur schwerlich vorstellen: Özdemir ist Kappert-Gon-ther auf vielen Feldern überlegen.

Vermutlich wird es die Fraktion zerreißen. Einerseits täte Özdemir ihr gut; würde ihre Schlag- und Strahlkraft erhöhen. Indes ist man mit Göring-Eckardt und Hofreiter nicht schlecht gefahren, die den Hype um die Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck nicht gestört haben. Zwischen Fraktion und Partei ist geklärt, wer Koch und Kellner ist. Özdemir würde daran rühren. Er ist interessant, inspirierend, aber der dritte Mann der Grünen. Es ist ein Casting zur Unzeit.