Aufrichtig. So präsentierte sich die katholische Kirche in Braunschweig. Ermutigend. Den Menschen zugewandt. Stärkend. Bitte mehr davon!

Die Welt schaut in diesen Tagen nach Rom. Viele setzen große Erwartungen in den Vatikan-Gipfel zu den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche. Schon jetzt ist deutlich, dass endlich vieles in Bewegung kommt. Wie sehr die Menschen auf eine Aufarbeitung der von Priestern begangenen Verbrechen warten, wie sehr sie ein Ende des menschenverachtenden Vertuschens und Kleinredens herbeisehnen, wurde in dieser Woche auch in Rühme deutlich. Der neue Bischof des Bistums Hildesheim, Heiner Wilmer, war zu Besuch in der Christophoruskirche und beantwortete viele Fragen. Aus seinen Antworten klang wohltuend viel Klarheit und Offenheit heraus. Da stand ein Bischof, der getroffen ist und von Schuld sprach. Der die Männerbünde sprengen will. Der verspricht, eine Grundlage zu schaffen, auf der Vertrauen gedeihen kann. Seine Worte kamen an. Sie vermittelten Aufbruch auch bei anderen Themen – etwa der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche oder dem Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten. Themen, die es längst nicht mehr geben dürfte.

Wie einfach es doch eigentlich sein könnte, verdeutlichte an diesem Abend in der Christophoruskirche auf herausragende Weise auch ein zweiter Gast: Pater Hans-Albert Gunk vom Braunschweiger Dominikanerkloster St. Albertus Magnus. Er ging der Frage nach: Wie geht Glauben heute, was macht Spiritualität aus?

Geistliches Leben zeichne sich dadurch aus, so Gunk, dass man jeden einzelnen Menschen als Geschöpf Gottes wahrnehme. Denn dann sieht man ihm zufolge beispielsweise keine „Flüchtlingswellen“, sondern man sieht in den Augen des anderen, dass er oder sie aus demselben Holz ist. „Egal, wo jemand geboren ist, welche Sprache er spricht, ob Mann oder Frau oder divers, ob lesbisch, schwul oder hetero“, so Gunk. „Wir alle gehören zusammen, ob uns das passt oder nicht.“ Und er fuhr fort: Es gebe eine Gleichheit unter allen Menschen, die grundsätzlicher sei als jede Verschiedenheit: „Jede Mutter weltweit weint, wenn ihr Kind stirbt. Jedes Kind hungert, wenn es nicht genug zu essen hat. Alle kennen das Glück der Liebe und der Sexualität. Alle müssen sterben. Alle sind Kinder Gottes.“

Auf Basis dieser Gleichheit lasse sich die Verschiedenheit ertragen, sagte Gunk. „Liebe deinen Nächsten – er ist wie du. Liebe deinen Nächsten – auch wenn er anders ist.“ Dass das nicht immer leicht ist, sieht er auch. In Beziehungen. In der Kirche. Doch die Liebe sei das Größte, betonte Gunk in Rühme und zitiert Paulus: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei, aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Die Liebe habe sogar Vorrang vor der Schöpfungsordnung, die ja gern bemüht werde, wenn man argumentativ nicht mehr weiter wisse. „Man kann sich als Kirche auch an der Liebe versündigen“, so Gunk. Für viele homosexuelle Paare sei es demütigend, wenn ihnen der Segen für ihre Liebe verweigert wird. Und er sagte es noch einmal: Die Liebe ist das Größte.

Aufrichtig. So präsentierte sich die katholische Kirche in Rühme. Ermutigend und fröhlich. Den Menschen zugewandt. Stärkend. Bitte mehr davon!