„Die transatlantischen Beziehungen sind schwer erschüttert“

Noch nie war die Welt so gespalten und konfliktbeladen wie heute. Über der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag begonnen hat, hängen dunkle Wolken. Die transatlantischen Beziehungen sind schwer erschüttert, die USA ziehen sich aus Krisen­regionen wie Syrien und Afghanistan zurück. Russland setzt sich dafür in Syrien fest – im Einvernehmen mit den autokratischen Regierungen in der Türkei und im Iran. Derweil arbeitet China unaufhaltsam an seinem wirtschaftlichen und politischen Aufstieg.

Es ist richtig, wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas um eine „Allianz der Multilateralisten“ bemühen. Und es ist lobenswert, vor allem in der Handels- und Klimapolitik auf Partner wie Japan oder Kanada zu bauen. Dahinter steckt der Aufbau einer Gegenwelt zum US-Präsidenten, in der verbindliche Regeln statt Polit-Machismo vorherrschen. Allein: Das reicht nicht. Europa muss angesichts des Unsicherheitsfaktors von Trump-Amerika mehr für die eigene Verteidigung tun. Das ist keine Konkurrenzveranstaltung zur Nato, sondern der europäische Anker des Bündnisses. Dazu gehört ebenfalls, dass alle Mitglieder – auch Deutschland – das von der Allianz für 2024 anvisierte Zwei-Prozent-Ziel einlösen.

Die im November 2017 vereinbarte „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ ist ein erster Schritt. Die aufeinander abgestimmte Beschaffung von Waffen, die Bildung gemeinsamer Einheiten müssen jedoch schnell umgesetzt werden. Die Zeit drängt. Die EU-Länder sollten dies im eigenen Interesse vorantreiben. Selbst wenn der nächste US-Präsident oder die nächste US-Präsidentin von der Partei der Demokraten kommen sollte: Die noch unter Bill Clinton vorhandene Bindekraft zwischen Amerika und der „Alten Welt“ wird weiter abnehmen. Die Europäer müssen lernen, auf eigenen Füßen zu ­stehen.