„Kaum ein anderes Thema hat die Menschen so umgetrieben wie das Insektensterben.“

Die Bayern. Hunderttausende von ihnen standen vor den Rathäusern Schlange, um mehr Schutz für bedrohte Tiere und Pflanzen einzufordern. Nun könnte des Volkes Wille die Politik dazu zwingen, das Naturschutzgesetz zu ändern. Ein historischer Vorgang und Zündstoff für die CSU, die es sich nicht mit ihren treuesten Wählern verderben will – den Landwirten. Eine Nachricht, die weit über die Grenzen des Freistaats hinaus wirkt. Denn „Rettet die Bienen“ steht für etwas, was in Deutschland Menschen auf die Straße bringt: Das Gefühl, dass die Welt dringend besser werden muss.

Umwelt, Natur – in Bayern zählten das die Christdemokraten schon immer zu den konservativen Kernthemen. Schöpfungsbewahrung, der Erhalt der Lebensgrundlagen: Die CSU ist im Grunde urgrün. Bayern hatte 1970 den ersten Umweltminister Europas – lange bevor es die Grünen gab. Selbst die Anti-Atomkraft-Bewegung war in wesentlichen Bereichen: konservativ. Doch in den vergangenen zwölf Monaten wurde auch sichtbar, wie wenig Antworten die Parteien auf Fragen haben, die Bürger als drängendes Problem bezeichnen – von Plastikmüll über die Dieselkrise bis hin zu den verfehlten Klimazielen. Kaum ein anderes Thema aber hat die Menschen so umgetrieben wie das Insektensterben. Symbolisch dafür steht die Wildbiene.

Es gibt diese neue Umweltbewegung, die Schritt für Schritt an der Art zweifelt, wie wir leben und konsumieren. Die eine industrialisierte Landwirtschaft mit Pestizideinsatz und Ferkelkastration ohne Betäubung nicht länger will. Die freitags die Schule schwänzt, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Doch auch das ist Lebenswirklichkeit: Es gibt jene, die den Klimawandel fürchten und den Billigflieger schätzen. Die Massentierhaltung für bedenklich und das Öko-Steak für zu teuer halten. Ein neues Lebensgefühl, ja. Doch bis zu einem anderen Lebensstil ist es noch weit.