„Hätte eine gemäßigtere Partei dieselbe Zahl an Mandaten errungen wie die AfD, sie wäre mit großer Sicherheit in den Stiftungsrat eingezogen.“

Die AfD hat keinen Anspruch auf einen Sitz im Stiftungsrat niedersächsischer Gedenkstätten. Dieses Urteil des Staatsgerichtshofes nahmen SPD, CDU, FDP und Grüne mit Befriedigung zur Kenntnis. Aber sollten sie sich bestätigt fühlen?

Mit der Mehrheit dieser Parteien hatte der Landtag die Verkleinerung des Stiftungsrates beschlossen. Nicht aus Sparsamkeit, sondern mit dem Ziel, die AfD auszusperren. Der Staatsgerichtshof hat dieses Manöver abgesegnet. Es handele sich beim Stiftungsrat nicht um ein parlamentarisches Gremium. Also griffen die Prinzipien nicht, die den Schutz der Rechte der gewählten Abgeordneten aller Parteien gewährleisten.

Das Urteil ist juristisch vertretbar. Es erspart den Opferverbänden eine Konfrontation mit Politikern, deren Thesen sie mit großer Sorge hören. Es erspart SPD, CDU, FDP und Grünen, denen immerhin gute Absicht zu unterstellen ist, den Gesichtsverlust. Und doch beantwortet es nicht die Frage, welche politische Kultur wir in Niedersachsen pflegen sollten.

Ist es richtig, demokratisch gewählte Vertreter einer Partei auszugrenzen? Liegt hier nicht eine Missachtung des Wählerwillens vor? Außerparlamentarisches Gremium hin oder her: Hätte eine gemäßigtere Partei dieselbe Zahl an Mandaten errungen wie die AfD, sie wäre mit großer Sicherheit in den Stiftungsrat eingezogen.

Die Betreiber dieser Aussperrung sagen: Eine Partei, die Holocaust-Leugner in ihren Reihen duldet, darf nicht über die Gedenkstätte Bergen-Belsen mitentscheiden. Für diese Front der Ablehnung ist die AfD selbst verantwortlich. Tatsächlich ist das Versagen vor der deutschen Geschichte bei dieser Partei nicht nur das Problem irgendwelcher Randfiguren. Gaulands Schwadronieren über den „Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte“, Höckes Tirade über das „Denkmal der Schande“ sind furchtbar, weil sie als Relativierung des Massenmordes der Nazis verstanden werden. Der Wählerfang am rechten Rand spottet der Leiden der Opfer.

Hier kann es keine Nachsicht geben, dagegen muss jeder aufstehen, der verhindern will, dass in Deutschland eines Tages wieder Menschen durch die Straßen gejagt werden, weil sie einem Glauben, einer sexuellen Orientierung oder einer Weltanschauung zugehören.

Gerade darin liegt die Problematik der krummen Wege, die die Parlamentsmehrheit beschritt. Die Sache ist zu ernst, um sie durch zweifelhafte Besetzungstricks zu trivialisieren. Und so bleibt ausgerechnet die AfD als moralischer Sieger zurück, auf einem Feld, das keine Zweideutigkeit verträgt.