„Die katholische Kirche muss endlich feststellen, dass das Priestertum samt Zölibat Männer mit einer gestörten Sexualität angezogen hat.“

Der neue Bischof für das Bistum Hildesheim ist in dieser schweren Zeit ein echter Glücksfall für die Katholiken. Zuletzt war Wilmer drei Jahre lang Generaloberer der Ordensgemeinschaft der Herz-Jesu-Priester in Rom. Von 1998 bis 2007 leitete der Theologe und Historiker ein Gymnasium im Emsland. Der Mann ist unverbraucht. Und unabhängig. Mit den Missbrauchs-Fällen im Bistum Hildesheim, die er derzeit mit großer Vehemenz aufarbeiten will, hat er nichts zu tun.

Seine Vorgänger hatten verdächtige oder gar überführte Priester einfach versetzt. Und das Problem war vermeintlich gelöst.

153 Missbrauchsopfer gab es alleine zwischen 1946 und 2014 im Bistum. Mindestens. Und mindestens 46 beschuldigte Geistliche. Zehn von ihnen leben noch. Immer häufiger fällt ausgerechnet der Name des gestorbenen Altbischofs Janssen. Auch gegen ihn lässt Wilmer ermitteln. Da hat er keine Scheu vor Namen.

Die Aufarbeitung wird bereits eng mit dem Namen Wilmer verbunden, dabei ist der Bischof erst seit wenigen Monaten im Amt. Es sei ihm zu wünschen, dass er diesen Mut beibehält.

Am eigentlichen Kern des Problems hat aber auch Wilmer bisher noch nicht gerüttelt: die längst nicht mehr zeitgemäßen Strukturen und Denkmuster in der katholischen Kirche. Sie muss endlich ernsthaft über die Rolle der Frau und auch über das Zölibat diskutieren. Die katholische Kirche ist immer noch eine in sich geschlossene Männerwelt. Das und das Zölibat sorgen nicht zwangsläufig für Fälle von Missbrauch. Sie begünstigen aber deren Häufung. Die katholische Kirche muss endlich feststellen, dass das Priestertum samt Zölibat Männer mit einer gestörten Sexualität angezogen hat. In der Priesterausbildung müssen die Verantwortlichen dieses Problem ganz offen angehen. Nur so wird die katholische Kirche weitere Skandal-Meldungen verhindern.