„Der Tariflohn muss gerade in dieser Branche, in der es um Menschen geht, zum Standard werden.“

Pflegekräfte sollen Alte und Kranke im Alltag unterstützen. Läuft es optimal, haben sie noch ein offenes Ohr für die Sorgen der Patienten. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht anders aus – gerade in der ambulanten Pflege.

Die Diakoniestationen Harz-Heide haben am Freitag auf diesen Missstand hingewiesen. Denn die Anbieter im ambulanten Sektor sind chronisch unterfinanziert. Das gilt vor allem für die wenigen Einrichtungen, die den an den öffentlichen Dienst angelehnten Tarif zahlen. Die schlechte Bezahlung in der Branche wird sicher nicht dazu führen, dass der schon jetzt bestehende Fachkräftemangel behoben wird. Die Diakonie spricht von 15.000 fehlenden Pflegekräften in Niedersachsen bis 2030, andere von 12.000. Der Handlungsdruck ist gewaltig. Auch die Patienten leiden darunter, dass die Pflege nicht angemessen bezahlt wird. Schon jetzt sagen laut einer DGB-Studie 80 Prozent der Pflegekräfte, dass sie sich ausgezehrt fühlen. Jeder Zweite schafft es nicht, seinen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden.

Der Tariflohn muss gerade in dieser Branche, in der es um Menschen geht, zum Standard werden. Warum gibt es für die Renten- und Krankenversicherung einen Steuerzuschuss, für die Pflegeversicherung aber nicht? Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt. Milliarden werden umgesetzt. Und doch kommt bei den Pflegekräften zu wenig an – und die Patienten leiden darunter. Reiches, armes Deutschland.