„Nie war der transatlantische Bruch sichtbarer: Während der ehemalige US-Präsident George H. W. Bush vermittelte, spaltet Donald Trump.“

Es gibt Momente, in denen Geschichte aufblitzt: dicht, klar, eindrucksvoll. Der Tod des ehemaligen US-Präsidenten George H. W. Bush ist ein solcher Moment. Er zeugt davon, dass zwischen ihm und seinem Nach-Nach-Nach-Nachfolger Donald Trump Welten liegen.

Obwohl die Amtszeiten der beiden republikanischen Staatschefs nur 30 Jahre trennen, lässt sich sagen: Bush senior stammt aus einer anderen Ära. Einer Ära, in der die transatlantische Partnerschaft hoch im Kurs stand.

Während Trump beim G20-Gipfel der größten Wirtschaftsmächte in Argentinien wieder den spektakulären Ego-Auftritt suchte, zählten für Bush Berechenbarkeit und Loyalität.

Trump hätte sich nach Mauerfall als Gewinner inszeniert

Die beiden Persönlichkeiten könnten unterschiedlicher kaum sein. Am Tag nach dem Fall der Mauer im November 1989 flog Bush nicht nach Berlin und feierte sich als der Sieger des Kalten Krieges. Er stimmte kein Triumphgeheul gegen den langjährigen weltpolitischen Gegenspieler Sowjetunion an, der politisch, wirtschaftlich und militärisch stark beschädigt war.

Bush ließ Demut walten, hielt sich zurück. Trump hätte sich in der gleichen Situation vor dem Brandenburger Tor als Gewinner inszeniert, der am großen Rad der Geschichte dreht.

Trump pfeift auf Europa, Bush war Partnerschaft wichtig

Für Bush war das Verhältnis zu Europa – insbesondere zu Deutschland – ein Grundpfeiler der amerikanischen Außenpolitik. Im engen Schulterschluss mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl arbeitete er als Architekt der deutschen Wiedervereinigung – gegen den heftigen Widerstand der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und von Frankreichs Präsident François Mitterrand. Bush bot Kohl „partnership in leadership“ an – die Deutschen sollten Partner der Amerikaner bei der Führung der westlichen Welt werden.

Trump hingegen pfeift auf Europa. Er feiert den Brexit, verhängt Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimporte aus EU-Staaten, wettert gegen die Nato. Deutschland bezeichnet der US-Präsident als „Gefangenen Russlands“, da es zu abhängig sei von Erdgaslieferungen aus dem Osten. Er würde lieber Flüssiggas aus heimischer Produktion verkaufen. „America First“, „Amerika zuerst“, lautet der Schlachtruf Trumps. Laut, schrill, rücksichtslos.

Internationale Institutionen sind Trump ein Gräuel

Lichtjahre entfernt davon lag Bushs beharrlicher Kurs für multilaterales Handeln. Als der irakische Diktator Saddam Hussein 1990 das Golfemirat Kuwait überfiel, trommelte Bush eine Streitmacht aus 34 Staaten zusammen, darunter auch arabische Länder. Die „Operation Wüstensturm“ Anfang 1991 war durch ein Mandat des UN-Sicherheitsrats gedeckt.

Diese Art der Abstimmung ist für Trump undenkbar. Internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen, Gremien wie die Welthandelsorganisation und Verträge wie die Pariser Klimavereinbarung oder das Atomabkommen mit dem Iran sind ihm ein Gräuel.

Von „America First“ wird unter Trump nicht abgewichen

Die USA ließen sich nicht von den verpönten „Globalisten“ in die Suppe spucken, heißt es in Washington. Es gelte US-Interessen zu wahren – egal, ob in der Sanktions-Kampagne gegen den Iran, im Handelskrieg gegen China oder im Zollstreit mit Europa.

Der Grundsatz „America First“ ist unter Trump in Stein gemeißelt. Daran dürften auch die Formelkompromisse in der Abschlusserklärung des G20-Gipfels nichts ändern. George H. W. Bush – ein Titan transatlantischer Partnerschaft.

George H. W. Bush steht bei seiner realpolitischen Ausrichtung in einer Reihe mit dem Ende August verstorbenen republikanischen Senator John McCain. Im tief gespaltenen Amerika von heute scheinen sie als Gegenentwurf einer alten Zeit auf. Trotz gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten mit Europa: Beide waren Titanen der transatlantischen Partnerschaft.