„Klar ist jetzt jedenfalls: Der CDU-Parteitag wird auch eine Abstimmung über den Rechtskurs der Partei.“

Friedrich Merz erfüllt mit seiner Kandidatur die Sehnsüchte vieler CDU-Mitglieder nach personeller Erneuerung und Rückkehr zu konservativen Positionen. Bei den ersten beiden Regionalkonferenzen für die Parteibasis versprach er unter großem Beifall, die CDU wieder an die 40-Prozent-Marke zu führen und der AfD Wähler abzujagen, sie gar obsolet zu machen. Dafür wählte er nun den ganz großen Aufschlag: Man müsse darüber reden, ob das individuelle Grundrecht auf Asyl in der deutschen Verfassung bleiben könne, wenn man eine europäische Einwanderungspolitik wolle. Zur Erinnerung: Das Grundrecht auf Asyl zu „überdenken“, bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag.

Die politische und mediale Resonanz auf diesen Vorstoß war groß, die der Befürworter, aber auch die derjenigen, die fassungslos den Kopf schütteln. „Nun sind wir wieder in einer Asyldebatte. Hatten wir das nicht gerade hinter uns gelassen“, stöhnt ein Konservativer. Denn die Zahl der Menschen, die sich auf das Grundrecht berufen und hierzulande Asyl bekommen, ist sehr gering. Kandidat Merz war ob der Auslegung seiner Worte offenbar erschrocken und ruderte zurück. Er stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht infrage. Bei einer Anerkennungsquote von deutlich unter zehn Prozent sei es erforderlich, dass wir uns mit der Frage beschäftigen, wie das „Grundrecht auf Asyl und ein europäischer Lösungsansatz gemeinsam wirken können“, relativierte Merz.

Wohlkalkulierte Provokation oder Überforderung mit der Klaviatur der politischen Kommunikation? Annegret Kramp-Karrenbauer erkannte jedenfalls ihre Konterchance, verwies auf die Väter des Grundgesetzes und das politische Erbe von Altkanzler Helmut Kohl. Klar ist jetzt jedenfalls: Der CDU-Parteitag wird auch eine Abstimmung über den Rechtskurs der Partei.