“Der nächste Stresstest, mit dem die Standfestigkeit einer Bank im Krisenfall festgestellt werden soll, bringt der NordLB die Stunde der Wahrheit.“

Dem Geld darf man nicht nachlaufen. Man muß ihm entgegengehen.
Aristoteles Onassis

Landesbanken, hat ein kluger Mann einmal gesagt, braucht man nicht unbedingt. Aber eine Sparkasse ist nicht nur jeder Kommune nützlich. Ohne Zweifel sind die Sparkassen gemeinsam mit den Genossenschaftsbanken eine besonders stabile Säule unseres Finanzsystems.

Deutschland ist 2008 wesentlich besser durch die Finanzkrise gekommen als alle anderen westlichen Länder, weil es diese erdverbundenen, der Zockerei weitgehend unverdächtigen Institute hat. Wo Geschäftsbanken unter der Last fehlgeschlagener Wertpapiergeschäfte in die Knie gingen, standen die zuvor wegen ihrer konservativen Strategie belächelten Sparkassen und Genossenschaftsbanken wie eine Eins. Viele Mittelständler konnten nur auf dieser Basis ihre Unternehmen stabilisieren und die Jobs retten.

Die Lektion der Finanzkrise mag illustrieren, warum sich Unternehmer, Abgeordnete und Kommunalpolitiker unserer Region so massiv um das Schicksal der Braunschweigischen Landessparkasse bemühen. Sie ist, anders als die Schwesterinstitute, nicht eigenständig, sondern als „Bank in der Bank“ ein Teil der Norddeutschen Landesbank. Die eingeschränkte Autonomie hatten regionale Politiker um den Braunschweiger
OB Gert Hoffmann mit harten Banden erkämpft. Aber der Einfluss der NordLB ist nach wie vor (über-)mächtig, und das Mutterunternehmen ist in schwerem Wasser.

Faule Kredite in Milliardenhöhe belasten die Bilanz. Der Druck ist gewaltig, obwohl die NordLB diese Last in den letzten Jahren halbieren konnte. Rund acht Milliarden, so heißt es, habe die Landesbank aus eigener Kraft bewältigt. Es liegt tragische Ironie in der Tatsache, dass die NordLB von Krediten stranguliert werden könnte, die unter dem Eindruck der Finanzkrise zunächst als höchst wünschenswertes Geschäft galten. Statt in Zertifikaten sollte das Heil in der Realwirtschaft liegen – und handfester als Schiffbau geht es ja kaum.

Der nächste Stresstest, mit dem die Standfestigkeit einer Bank im Krisenfall festgestellt werden soll, bringt der NordLB zum Jahresende die Stunde der Wahrheit. Um das Bleigewicht der faulen Kredite zu lösen, braucht sie Geld, mehr als drei Milliarden, so ist zu hören. Die beteiligten Bundesländer dürfen der Bank dieses Geld alleine nicht geben – es wäre nach EU-Recht eine verbotene Beihilfe. Und so sucht man fieberhaft nach Investoren. Unterschiedlichste Modelle sind denkbar, deren Auswirkung auf die Landessparkasse für unsere Region von besonderem Interesse sind. Offen geht die Suche nun in die entscheidende Phase.

Die erste Option wäre der Verkauf an Hegdefonds. Diese Art Investor hat kein Interesse an Kommunalfinanzierung und Strukturpolitik. Die wahrscheinliche Folge: Das Institut würde auf Rendite gebürstet. Man kann sich fragen, welchen Sinn eine solcherart umgebaute NordLB noch für die norddeutschen Gemeinwesen hätte. Als Mutter einer Sparkasse wäre eine dem öffentlich-rechtlichen Ansatz entfremdete NordLB jedenfalls kaum noch geeignet. Ähnliches gilt für den Verbundpartner Öffentliche Versicherung. Die Loslösung der Landessparkasse wäre nötig, auch wenn die Entflechtung ungefähr so leicht fiele wie die chirurgische Trennung siamesischer Zwillinge. Auch NordLB und Landessparkasse teilen sich lebenswichtige Organe. Die Trennung würde Jahre dauern, wäre aber nach Einschätzung von Experten machbar. Kommunen und der Sparkassenverband könnten die neuen Herren werden; die Landessparkasse würde ihren Sparkassen-Schwestern zum verwechseln ähnlich. Hinter den Kulissen wird offensichtlich vorsorglich an einer solchen Auffanglösung für die Landessparkasse gearbeitet.

Die zweite Option wären solide Anleger, die einen sicheren Hafen für ihr Geld sorgen. Volkswagen macht mit dem Anteilseigner Katar sehr gute Erfahrungen. Mit solchen Gesellschaftern könnte das bisherige Geschäftsmodell der NordLB, entlastet um das Risiko der faulen Kredite, wohl wieder Zukunft haben. Die Landessparkasse müsste dann als öffentlich-rechtliches Institut abgesichert werden, könnte aber ihre Verbindung zur NordLB behalten.

Option drei wäre mit Blick auf die besonderen Aufgaben einer Landesbank wohl die beste. Gelänge es, andere westdeutsche Landesbanken an Bord zu nehmen – auch eine Fusion wäre denkbar – behielte die NordLB ihren öffentlich- rechtlichen Status und bliebe ein geeigneter Ankerplatz für die Landessparkasse.

Die außerordentlich friedfertigen Äußerungen etwa des Braunschweiger OB Ulrich Markurth sind wohl am ehesten mit der Hoffnung auf eine solche Lösung zu erklären. Kommunales Waffengeklirr, wie man es angesichts der Möglichkeit einer Herrschaft der Hedgefonds erwarten könnte, würde andere Landesbanken sicher nicht zur Annäherung motivieren. Also schweigt man nach außen hin und wirbt in Hannover für bessere Lösungen.

Offenbar werden wir bald wissen, welchen Weg die NordLB gehen wird – den einer gewinnmaximierten Investmentbank nach dem Gusto von Hedgefonds oder den eines soliden, möglicherweise sogar weiterhin öffentlich-rechtlich organisierten Institutes.

Dessen Sinn und Wert ist in den vergangenen Jahren ein wenig aus dem Blick geraten. Zu schwer waren die Fehler eines Managements, das noch auf Schiffsfinanzierungen setze, als sich der Niedergang längst abzeichnete. Zu oberflächlich war die Kontrolle durch die politischen Aufseher, deren Verantwortung im Nachhinein im Parlament erstaunlicherweise kaum eingefordert wird. In Niedersachsen mag es daran liegen, dass die Fehler gleichmäßig über das politische Spektrum verteilt sind. Keiner mag mit Steinen werfen – er würde das eigene Glashaus treffen. Da gibt es eine übergroße Koalition nach dem Motto: Tu mir nichts, ich tu Dir auch nichts. Aufrichtigkeit wäre auch mal eine schöne Alternative. Schließlich sind hier Milliardenwerte an öffentlichem Eigentum vernichtet worden.

Die elenden Fehler vergangener Jahre ändern freilich nichts daran, dass ein sehr gut geführtes und gründlich kontrolliertes öffentlich-rechtliches Kreditinstitut ein produktiver Faktor für Norddeutschland sein und bleiben könnte. Falls die NordLB in diesem Sinne nicht zu retten sein sollte, gibt es gute Gründe, an eine stabile Zukunft der Landessparkasse zu glauben. Für unsere Region dürfte das noch wichtiger sein.