“Die WM in Russland hat funktioniert wie sie sollte. Sie war mit riesigem Finanzaufwand perfekt organisiert.“

Die peinlichsten Szenen dieser Fußball-WM waren nicht Eigentore oder Auftritte des deutschen Teams, sie waren Fifa-Boss Gianni Infantino vorbehalten. Der hielt seine Bilanz-Pressekonferenz statt im Anzug im Kapuzenpullover der freiwilligen Helfer ab, wollte die „beste WM überhaupt“ gesehen haben und stimmte beim Gala-Abend im Bolschoi-Theater an der Seite von Wladimir Putin den Schlachtruf der russischen Fans an. Mehr Anbiederung geht nicht.

Immerhin rissen uns diese abstoßenden Bilder der Autokraten aus dem berauschenden Unterhaltungsprogramm, das so ein Großereignis immer ist, wieder zurück in die Realität. Die WM in Russland hat funktioniert wie sie sollte. Sie war mit riesigem Finanzaufwand perfekt organisiert, hat schöne, emotionale Bilder der Völkerverständigung aus dem Gastgeberland produziert und nicht nur die Menschen vor Ort begeistert.

So etwas würde übrigens überall funktionieren. Eine Fußball-WM ist längst eine Art durchstrukturiertes Franchise-Modell, dessen Module einfach am neuen Ort neu aufgebaut werden. Das Gastgeberland stellt nur die Kulisse, als Medienereignis findet die WM aber global statt. In vier Jahren in Katar, ein nicht minder fragwürdiger Ausrichter, kann man das überprüfen.

Dass sich so ein Turnier als Marketingmaschine in eigner Sache nutzen lässt, hat Kreml-Chef Putin perfekt zu nutzen gewusst. Staat und Sicherheitskräfte hielten sich zurück, ließen WM-Partystimmung zu, die Fußball-Welt zog dankend mit. Menschenrechte, Landraub, Korruption, Cyberattacken, Staatsdoping – war da was?

Man darf begrüßen, dass Fußball-WM wie Olympische Spiele solche hypnotische Wirkung entfalten. Umso mehr würde man sich wünschen, dass diese Großereignisse in Länder vergeben würden, die sie nicht nur instrumentalisieren, weil sie von dunklen Seiten ablenken müssen. Doch wer Infantino gesehen hat, ahnt, dass es so nicht funktioniert. Nach vier Wochen der schönen Ablenkung gilt spätestens ab heute: Die Fifa bleibt die Fifa, Putin bleibt Putin und die russische WM wohl nur eine schöne Episode.