“Um die Asyldebatte ehrlich zu führen, müssen wir die Ursachen für Flucht erkennen, wo sie entstehen.“

Soll Deutschland Flüchtlinge an der deutschen Grenze zu Österreich zurückweisen dürfen? Die Debatte kocht hoch. Zu Recht. Es geht nicht nur um Deutschlands künftigen Kurs in der Asylpolitik, sondern auch um Grundfragen der Verfassung und des europäischen Rechts. Ganz nebenbei geht es auch um den Fortbestand unserer Bundesregierung.

Doch ist die Debatte um die Pläne der CSU nur die deutsche Dimension einer weltweiten Krise. Es ist Zeit, den Blick zu weiten. Über die deutsche Grenze hinaus. Um die Asyldebatte ehrlich zu führen, müssen wir Mythen ausräumen und die Ursachen für Flucht erkennen, wo sie entstehen.

Derzeit entsteht der Eindruck, nach Deutschland kämen nur noch „Wirtschaftsflüchtlinge“. Das ist falsch. Syrien, Irak und Afghanistan sind noch immer die Hauptherkunftsländer. Gewalt ist dort vielerorts Alltag. Und nur ein Bruchteil der Flüchtlinge weltweit erreicht überhaupt die EU: Global sind 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Im ersten Halbjahr 2018 brachen rund 40 000 Menschen in Booten über das Mittelmeer nach Europa auf. Die meisten, die vor Krieg und Hunger fliehen, bleiben in Camps im eigenen Land oder im Nachbarstaat. Der Großteil der Flüchtlinge, die aus Afrika die europäische Küste erreichen, sind junge Männer. Ein Teil flieht nicht vor Krieg, sondern sucht in der EU einen Ausweg aus Trostlosigkeit und Armut. Es fliehen nicht die Ärmsten, sondern junge Menschen, die ein bisschen Geld, Ehrgeiz und Mut zusammenkratzen. Die Schwächsten bleiben zurück.

Deshalb ist Entwicklungshilfe die stärkste Säule der Asylpolitik. Aber das Geld muss auch dort ankommen, wo es wirkt, und vor allem Frauen und Kinder stärken. Europas aktuelle Migrationspolitik ist ungerecht und funktioniert nicht. Regierungen müssen stärker auf Kontingente setzen – und legale Wege nach Europa schaffen. Schleusern würde das Geschäft entzogen, Kriegsflüchtlinge könnten gezielt ausgewählt werden, auch Frauen und Kinder. Es ist ein Weg, Regeln und Realität in Einklang zu bringen.