„Der Verfassungsschutz scheint sich mit dem Strukturwandel noch recht schwer zu tun.“

Es ist ein Schmöker mit 200 kleingedruckten Seiten. Darin listet der niedersächsische Verfassungsschutz für das vergangene Jahr allerhand Zahlenmaterial und Erläuterungen über Rechte, Linke, Islamisten, Scientologen, Spione und Polit-Kriminelle auf. Wirklich bahnbrechende Erkenntnisse liefert das Werk allerdings nicht.

Dass sich etwa die rechtsextreme NPD weiter im Sinkflug befindet, überrascht kaum. Bereits Anfang des vergangenen Jahres hat das Bundesverfassungsgericht die Bedeutungslosigkeit dieser Partei konstatiert und den Verbotsantrag der Bundesländer abgeschmettert. Dennoch warnt der Verfassungsschutz, dass es zu einer Radikalisierung kommen „könnte“.

Diese diffuse Formulierung klingt mehr nach einer Rechtfertigung in eigener Sache als nach einer ernsthaften Gefahr.

Vage wirkt auch so manche Einschätzung aus den anderen Bereichen der diversen Extremisten. Deren Organisationen verzeichnen – wenn auch aus ganz anderen Motiven – ähnliche Phänomene, die auch große gesellschaftliche Gruppen wie Parteien, Gewerkschaften und Kirchen kennen: Zersplitterung, Rückzug, Abkehr von langen Bindungen, Fokus auf Einzelaktionen. Ist dies aber nun ein Grund zur Entwarnung, oder lauern hier im Gegenteil gewaltige Risiken?

Der Verfassungsschutz scheint sich mit diesem Strukturwandel noch recht schwer zu tun. Oder er legt nicht alle Karten offen auf den Tisch. Beides ist nicht gerade beruhigend.