„Die Kultusminister stopfen eher die Lücken von heute – und zahlen so für die Fehler von vorgestern“

Für den Kunstlehrer ist Kunst das wichtigste Schulfach, für den Chemielehrer Chemie und für den Informatiker die Informatik. Insofern ist es wenig überraschend, dass Informatik-Fachleute auch nach Informatik auf dem Stundenplan rufen. Und das im Bündnis mit der Wirtschaft. Zwar gibt es auch in Niedersachsen längst wohlklingende Lehr- und Lernpläne dazu. In der Realität müssen sich viele Schulen auf dem Weg zum Informatikunterricht aber mit viel Idealismus und Einsatz selbst durchschlagen. Und wo der Unterricht stattfindet, ist laut Insidern oft inhaltlich noch deutlich Luft nach oben. Die Bildung von morgen und übermorgen zu gestalten, das klingt in Sonntagsreden zwar gut. In Wahrheit stopfen die Kultusminister aber eher die Lücken von heute – und zahlen so für die Fehler von vorgestern. Einen kraftvollen Aufbruch in die Informatik kann vor diesem Hintergrund niemand ernsthaft erwarten. Stattdessen geht es eher in kleinen Trippelschritten voran.

Informatik als Schulfach hat aber auch einen besonderen Reiz, weil das Fach einen Anker in der wolkigen Debatte um Digitalisierung in der Bildung bietet. Denn dieses Thema scheint die Politik komplett zu überfordern. Wo jeder Griff zum Tablet-Computer als Individualisierung des Lernens gefeiert wird, droht als Kehrseite das kostengünstige Verschwinden der Schüler-Lehrer-Kommunikation. Die muss man nicht idealisieren, um sie dennoch unverzichtbar zu finden. Wer sich mit Informatik befasst, der geht immerhin in die Grundlagen der Web-Kultur. Von Schaden ist das gewiss nicht.