Es kam, wie es kommen musste und wovor der Verfassungsschutz seit langem warnt. Eskalieren die Spannungen zwischen Kurden und Türken, wird der Konflikt auch auf deutschen Straßen ausgetragen. So war es in den 1990er-Jahren und seither nie anders, so ist es jetzt. Seitdem türkische Soldaten die syrische Kurden-Hochburg Afrin einkesseln, werden in Berlin, Stuttgart, Köln, in Niedersachsen und im Sauerland Moscheen beschmiert, Kulturzentren angegriffen und Läden verwüstet.

Die Behörden sind gewarnt, sie können die Eskalation indes nicht stoppen. Dafür ist die Zahl der hier lebenden Türken und Kurden zu groß. Selbstverständlich müssen die Sicherheitsbehörden die Türken schützen; außer Frage steht auch, dass Gewalt inakzeptabel ist.

Die Kurden, mindestens 20 Millionen Menschen, sind ein Volk ohne Land, beheimatet in mindestens fünf Ländern, im Irak, Iran, Syrien, Armenien, am stärksten in der Türkei. In Syrien fragt man sich, wie das Regime Assad mit ihnen verfahren wird, sollte es mal den Krieg gegen die Rebellen gewinnen. Wird er dann die Kurden noch brauchen? Im Irak war auch das Verhältnis des Westens zu den Kurden nutzwertorientiert. Solange der „Islamische Staat“ eine Gefahr war, wurden die Kurden bewaffnet. Seit der IS zerschlagen ist, braucht man sie nicht zwingend. So könnte sich der militärische Erfolg gegen den IS für die Kurden als Pyrrhussieg erweisen.

Die Türkei ist ein Schlüsselstaat, schon weil dort die meisten Kurden leben. Der türkische Präsident Erdogan ist jedoch nicht Teil der Lösung, sondern vielmehr Teil des Problems. Gleichwohl muss die Bundesregierung bei ihm eine friedliche Beilegung des Konflikts anmahnen. Groß ist ihr Einfluss nicht. Er reichte gerade mal aus, ein paar in der Türkei inhaftierte Aktivisten und Journalisten freizubekommen. Der Konflikt hat etwas Trostloses. Und er wird uns noch lange in Atem halten.