„Ein Jahr seines Lebens hat diepolitisch gelenkte türkische JustizDeniz Yücel gestohlen, nur weil er seinen Job machte.“

Deniz Yücel ist endlich frei. Das ist eine großartige Nachricht in Zeiten, in denen schlechte Botschaften aus der Politik die Tagesaktualität prägen. Und das ist auch ein echter Erfolg für die CDU-Bundeskanzlerin und ihren SPD-Bundesaußenminister, die im schlimmsten Groko-Getümmel vertrauensvoll und konsequent an der Freilassung gearbeitet haben.

Ein Jahr seines Lebens hat die politisch gelenkte türkische Justiz dem Korrespondenten der „Welt“ gestohlen, nur weil er seinen Job machte. Weil er kritisch über die Regierung Erdogan berichtete und sich – wie jeder gute Reporter – nicht vorschreiben ließ, mit wem er sich zu Recherchen und Gesprächen treffen wollte.

Die Freude für Deniz Yücel, seine Familie und Kollegen ist berechtigt. Aber sie darf nicht vergessen machen, dass immer noch rund 150 Journalisten in türkischen Gefängnissen einsitzen. Yücels Freilassung ist keine Geste, die wir bejubeln müssen. Oder gar belohnen. Sie ist das Mittel einer unmenschlichen Politik, die mit Geiselnahmen politische Vorteile erzwingen will. Gute Demokraten dürfen sich auf dieses miese Spiel nicht einlassen und daher kommt nach der Freilassung von Deniz Yücel der wahre Härtetest für die Moral: Kämpfen die „Free-Deniz“-Aktivisten weiter für die Pressefreiheit in der Türkei? Oder geht man schnell zur Tagesordnung über? Geschieht letzteres, hätten die Feinde der Freiheit gewonnen.

Bei aller Wut über den schamlosen Angriff auf die Pressefreiheit hat die Haft Yücels doch eine positive Erkenntnis gebracht. Die ganze Gesellschaft hat eindrucksvoll gemeinsam für die gute Sache gekämpft. Die angebliche Entfremdung zwischen Bürgern, Politikern und Medien ist im Fall Yücel eine Mär.

Im Gegenteil: Mehr Solidarität für die Freiheit der Presse gab es noch nie. Und das ist eine wirklich gute Nachricht in dieser hässlichen Geschichte.