„Im Gehege rennen die Tiere panisch umher. Statt zu fressen, bleibt der Wolf im Jagdmodus und tötet weiter.“

Was ein Fuchs im Hühnerstall anrichtet, ist sprichwörtlich geworden. Dass Wölfe sich in Nutztierherden bisweilen ähnlich verhalten, mussten Schäfer und Tierzüchter zuletzt schmerzhaft lernen. Im „Blutrausch“ hätten Wölfe 20 Hirsche gerissen, titelte im Dezember 2016 eine Regionalzeitung über den Angriff auf ein Damwild-Gehege bei Uelzen.

Die Moral ist hier fehl am Platz. Wölfe verfallen nicht in Blutrausch. Sie folgen ihrem natürlichen Jagdinstinkt. In freier Wildbahn flieht die Herde, während der Wolf seinen Riss verspeist. Im Gehege rennen die Tiere panisch umher. Statt zu fressen, bleibt der Wolf im Jagdmodus und tötet weiter. Doch genauso unangemessen wie die Verurteilung sind Romantisierung und Verniedlichung. Weder die unkritische Freude über die Rückkehr des Raubtiers noch die Finanzierung von Alibi-Schutzmaßnahmen sind dem Problem angemessen – und um ein solches handelt es sich, wenigstens (aber nicht nur) für Schäfer. Warum etwa gelten 90 Zentimeter hohe Elektrozäune in Niedersachsen als „wolfsabweisender Grundschutz“, wenn Wölfe in Tierparks erst hinter knapp drei Meter hohen Zäunen mit Untergrabschutz als sicher verwahrt gelten?

Eine Koexistenz mit dem Wolf ist nur möglich, wenn man ihn als Raubtier und die Folgen seines Jagdtriebs ernst nimmt. Dass die Landesregierung ihre Wolfspolitik nun überdenkt und beispielsweise Risse auch ohne DNA-Nachweis anerkennen will, deutet darauf hin, dass dies nun endlich auch in Hannover erkannt wird.