„Die Anerkennung von Ausbildungsberufen kann nicht nur auf warmen Worten beruhen, sie muss sich auch finanziell zeigen“

Der ganze Stolz meiner Oma waren ihre vier Söhne, die alle das Abitur gemacht haben und dann sogar noch studieren gingen. Sie selbst war Schneiderin und ihr Mann, mein Opa, KFZ-Mechaniker. Ihre Kinder hatten es geschafft – sie verdienten besser als ihre Eltern und hatten Berufe, die mehr Ansehen einbrachten.

Heute müssen Eltern alte Muster aufbrechen – das Beste für sein Kind zu wollen heißt nicht automatisch, es auf das Gymnasium schicken zu müssen. Auszubildende können sich auf den verschiedensten Weiterbildungswegen hocharbeiten und Abschlüsse erreichen, die vergleichbar sind mit Hochschulabschlüssen. Das Wichtigste war und ist doch bei der Berufswahl herauszufinden: Was liegt mir? Was macht mir Spaß? Selbstverwirklichung ist als Handwerker genauso möglich wie als Akademiker.

Der neue Leiter der Arbeitsagentur Braunschweig-Goslar, Gerald Witt, fordert, dass Ausbildungsberufe in der Gesellschaft eine höhere Anerkennung erfahren– zurecht. Erst dann werden auch mehr junge Menschen den Weg in die Ausbildung wählen anstatt unglücklich in einem Studiengang festzustecken, den sie dann doch abbrechen. Die Anerkennung kann aber nicht nur auf warmen Worten beruhen, sie muss sich auch finanziell zeigen. Altenpfleger oder Kindergärtner etwa müssen schlicht mehr verdienen. Erst dann steigt auch das Sozialprestige der Berufe – und mehr Menschen würden sie erlernen.