„Die Idee ist diskussionswürdig. Nur: Der Zielgruppe, die Schulz im Auge hatte, hilft sie eher wenig.“

Bei seinen Reformplänen für den Arbeitsmarkt geht es dem SPD-Kanzlerkandidaten ein wenig so wie Christoph Kolumbus bei seiner wichtigsten Seereise: Kolumbus war einst aufgebrochen, um einen neuen Seeweg nach Asien zu erschließen, und entdeckte stattdessen Amerika. Martin Schulz hatte sich aufgemacht, ältere Arbeitslose vor dem schnellen Absturz ins Hartz-IV-System zu bewahren.

Angekommen ist er jetzt bei einem Plan, wie für Arbeitnehmer ein sicherer Weg ins Neuland der digitalen „Arbeitswelt 4.0“ geebnet werden kann. Die Idee ist diskussionswürdig. Nur: Der Zielgruppe, die Schulz im Auge hatte, hilft sie eher wenig. Sein Konzept verspricht den politischen Quantensprung. Das geplante Recht auf Weiterbildung, der Ausbau der Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung mit dem neuen Schwerpunkt auf Qualifizierung sind eine mutige Antwort auf drängende Herausforderungen. Für die Arbeitnehmer geht es um Chancen und Schutz in einer veränderten Arbeitswelt, für die Betriebe um die Sicherung von Fachkräften. Es wäre auch eine Chance für Arbeitslose, für die sich Weiterbildung in längerem ALG-I-Bezug auszahlen würde.

Allein: Nimmt der Plan dem 50-jährigen Fabrikarbeiter heute wirklich seine Sorgen, wenn ihm der Jobverlust droht und er fürchtet, rasch ins Hartz-IV-System abzurutschen? Um solche Fälle ging es Schulz ja. Aber die Aussicht, im Zweifel ein paar Monate später Hartz IV zu beziehen, dürfte Abstiegsängste kaum mildern. Da hat Schulz zu hohe Erwartungen geweckt. Will er weitere Enttäuschung vermeiden, muss er mit offenen Karten spielen: Zur Wahrheit gehört, dass seine „Arbeitsversicherung“ zusätzliche Milliarden kosten wird, die Beitragszahler, Unternehmen und der Staat zu tragen hätten.