Zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke:

Die politischen Strömungen sowie gesellschaftlichen Einstellungen zu unserer Rechtsordnung und zu Fragen der öffentlichen Sicherheit entsprechen seit mehreren Jahren einem Schleuderkurs. Wir hatten terroristische Anschläge – mit Toten und Verletzten. Wir haben einige hundert Gefährder, ob aus der terroristischen Szene oder aus links- und rechtsextremistischen Lagern. Daneben bedroht uns vor allem organisierte Kriminalität auf breiter Ebene. Jetzt steht der Fall des kaltblütig ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Fokus der Öffentlichkeit. Fast ausnahmslos wurde nach brutalen Anschlägen und sonstigen schweren Verbrechen massive Kritik an Staat und Ermittlungsbehörden geübt.

Die Fehler sind aber, mit wenigen Ausnahmen, nicht bei den ermittelnden Behörden und Beamten zu suchen. Vielmehr fehlt es an wichtigen Befugnissen und angepassten Gesetzen. Auch gravierende personelle Engpässe sowie eklatante Sachmängel haben seit vielen Jahren bei allen Sicherheitsbehörden zu Lähmungserscheinungen geführt. Zuständigkeitsprobleme erschweren weiterhin die Aufklärungsarbeit. Widersinnigerweise sträuben sich unter anderem Linke, Grüne und auch die FDP gegen dringend erforderliche Reformen bei den Sicherheitsgesetzen.

Claus-Peter Brasche, Braunschweig

Maut: Politiker zur Verantwortung ziehen

Zu „Maut-Pleite kostet Millionen“ vom 19. Juni:

Es ist nicht zu fassen: Über viele Jahre hat die CSU versucht, ihr Prestigeobjekt einer Pkw-Maut auf Autobahnen politisch umzusetzen? Ihr Hauptargument basierte immer auf der Neid-Debatte, dass im Ausland deutsche Autofahrer Maut zu zahlen hätten, während Ausländer unser Autobahnsystem frei benutzen könnten. Im Vorfeld sind schon 40 Millionen an Steuergeldern ausgegeben (hauptsächlich für Gutachten und Beratung) und auch Zukunftsausgaben (neue staatliche Stellen, Aufbau des Systems) und Zukunftseinnahmen eingeplant worden. Warum müssen verantwortliche Politiker solche Fehlplanungen eigentlich nicht gravierender verantworten?

Man hätte diesen berechtigten Wunsch nach der Beteiligung von allen Autobahnnutzern an den Kosten unseres Netzes doch auch anders lösen können: Zunächst wird eine neue Infrastrukturabgabe an Stelle unserer Kfz-Steuer gesetzt, die viel mehr gewünschte Umweltbelange wie Größe, Gewicht und CO2-Ausstoß der Autos berücksichtigt als die bisherige Steuer. Das wäre ein rein inländisches politisches Regularium. Erst im zweiten Schritt wird eine Vignette mit zeitlicher und ökologischer Staffelung für nur zeitweilige Benutzer unseres Autobahnnetzes eingeführt.

Inge Scholz, Braunschweig

Der Prozess dauert Jahrzehnte

Zum Gastkommentar „Reformierte Sprache - betreutes Denken?“ vom 17. Juni und zum Leserbrief „Mit Feminismus kann man punkten“ vom 18. Juni:

Die Meinung von Professor von der Oelsnitz, dass die Sprache nicht durch Gesetze verändert wird, sondern durch die soziale Wirklichkeit, teile ich nicht. Beides ist wichtig. Die Gesetzgebung führt zu einem Diskurs und damit zu einem Bewusstseinsprozess. In der geschlechtergerechten Sprache dauert dies bereits Jahrzehnte, und die soziale Wirklichkeit hat sich entsprechend verändert. Warum wohl titelt die Zeitung „Wer wird Propst oder Pröpstin?“ Weil bei „Wer wird Propst?“ alle denken würden, dass es nur männliche Kandidaten gibt.

Gudrun Hermann, Braunschweig

Sprache wandelt sich ohnehin ständig

Ebenfalls dazu:

Professor von der Oelsnitz spricht das aus, was mich in der Sprachdiskussion mit Unwohlsein erfüllt hat, ich so aber nicht hätte formulieren können. Er hat aus meiner Sicht völlig recht. Wir brauchen keine aufgezwungene Sprachgängelung aus zeitgeistigen Gründen. Unsere Sprache entwickelt sich ohnehin ständig. Wer weiß, wie wir in 20 Jahren irgendwelche Begriffe verwenden?

Thomas Martin, Wendeburg