In Wuhan, der Stadt in der Covid-19 erstmals ausbrach, gibt es eine riesige Sammlung von Coronaviren aus Wildtieren.

Für ihn sei die Pandemie vorbei, sagte Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten kürzlich in einem Interview. Ein guter Zeitpunkt, um die Frage zu stellen, wie es zu dieser Pandemie mit Millionen Toten kommen konnte.

Schon Anfang 2020 dominierte die Überzeugung, das Virus sei von Fledermäusen auf einen Zwischenwirt und von dort auf den Menschen übergesprungen. Im Februar, keine zwei Monate, nachdem China die Welt über Covid-19 informiert hatte, bezeichnete eine Gruppe Virologen, darunter Drosten, im Fachblatt „Lancet“ Spekulationen über einen Laborunfall als „Verschwörungstheorie“. Initiiert wurde der Artikel von dem Zoologen Peter Daszak. Damals war die Genomsequenz des Erregers bereits bekannt. Sie offenbarte: Das Virus verfügt über eine sogenannte Furin-Spaltstelle. Erst diese Eigenschaft ermöglichte die Pandemie, weil sie das Virus infektiöser macht, indem sie ihm erleichtert, an menschliche Zellen anzudocken. Eine Furin-Spaltstelle ist bei den bekannten Sars-artigen Viren einzigartig. Trotzdem wurde diese Besonderheit bei der Veröffentlichung des Genoms nicht erwähnt und später größtenteils ignoriert.

In Wuhan, der Stadt in der Covid-19 erstmals ausbrach, gibt es eine riesige Sammlung von Coronaviren aus Wildtieren. Das zugehörige Labor experimentiert seit Jahren damit. Die Viren wurden rekombiniert, um zu testen, wie sie dazu gebracht werden können, Menschen zu infizieren. Diese Forschung sollte dazu dienen, potenzielle Pandemie-Erreger vorherzusagen.

Im September 2021 wurde nun ein Dokument aus dem Jahr 2018 öffentlich über eine Kooperation des Forschungsinstituts in Wuhan mit der amerikanischen Nichtregierungsorganisation EcoHealth Alliance, die viele staatliche Forschungsfördermittel aus den USA einwirbt. In dem Papier erklären die Partner explizit, dass sie Furin-Spaltstellen in neue SARS-artige Coronaviren einbringen wollen. Die Mikrobiologin Alina Chan findet für den seltsam zaghaften Umgang mit diesen Informationen eine passende Analogie: „Es ist, als hätten Wissenschaftler erklärt, dass sie Pferde mit Hörnern züchten wollten. Zwei Jahre später taucht in derselben Stadt ein Einhorn auf, und in den wissenschaftlichen Berichten dazu spricht man über die Hufe, die Fellfarbe, die Kopfform, aber niemand erwähnt das Horn.“

Geleitet wird die EcoHealth Alliance übrigens von Peter Daszak. Hier zeigt sich das Problem: Ein Laborunfall als Ursache der Pandemie bedroht nicht nur die Reputation Chinas. Das Ansehen einer ganzen wissenschaftlichen Disziplin steht auf dem Spiel. Die westliche Virologie hat die Arbeit der Chinesen keinesfalls kollektiv verdammt, auch wenn Drosten nun von „gefährlichen Experimenten“ spricht. Von einem Nachweis, dass SARS-CoV-2 aus einem Labor entwischt ist, würde niemand profitieren, aber viele Leute hätten viel zu verlieren. Das mag ein Grund sein, warum der Ruf nach Aufklärung des Ursprungs der Pandemie so leise ist.