Braunschweig. Mit Hilfe der Braunschweiger Software Cyberguide will die niedersächsische Polizei Cyberkriminellen schneller das Handwerk gelegt werden.

Wäre die Polizeidirektion (PD) Braunschweig ein börsennotiertes Unternehmen, wäre es nun womöglich fast zu spät, sich noch mit Aktien von ihr einzudecken. Eine Software-Anwendung, die dort seit 2017 entwickelt wurde, hat es nun zur Marktreife geschafft. Dienstag auf einer Pressekonferenz in der Polizeiinspektion Querum in Braunschweig wurde in Anwesenheit des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius verkündet, dass jede Polizeidienststelle in Niedersachsen seit Anfang Mai mit dem Braunschweiger „Cyberguide“ arbeitet.

Dabei handelt es sich um einen digitalen Assistenten, der den Ermittlern ein wichtiges Werkzeug an die Hand geben soll im Kampf gegen die grassierende Internetkriminalität. Denn das Cybercrime-Lexikon bekommt tägliche neue Einträge: Account Takeover, Boiler-Room-Fraud, Call-ID-Spoofing bis hin zu Phishing, Smishing und Vishing. Wer behält da bloß noch den Überblick? Die Polizei muss es, das erwartet der Bürger von ihr.

Polizei muss möglichst Schritt halten mit Cyberkriminellen

„Die technische Komplexität der Straftaten nimmt immer weiter zu“, sagt Alexander Eckert vom

Alexander Eckert gehört mit zum Entwicklerteam des Cyberguides.
Alexander Eckert gehört mit zum Entwicklerteam des Cyberguides. © regios24 | Stefan Lohmann

Cyberguide-Projektteam. Wenn die Polizei da nicht am Ball bleibe, verliere sie schnell den Anschluss und laufe Gefahr, an Professionalität einzubüßen. Nur sei nicht jeder Beamte ein Experte für jedes Kriminalitätsphänomen – schon gar nicht, was Straftaten im Netz angeht.

Die Motivation zur Entwicklung des Cyberguides sei auch der Erkenntnis geschuldet, dass mit dieser speziellen Materie weniger vertraute Kollegen sich trotzdem viel Mühe gemacht hätten, Anzeigen aufzunehmen. „Die haben sich förmlich verausgabt. Gemeinsam mit dem Anzeigeerstatter wurden mehrseitige Text verfasst, aber die meisten Informationen hatten keine Relevanz für die Sachbearbeiter“, so Eckert. Bei Internetkriminalität gehe es oft um Geld. „Grad bei der Sicherstellung geht es darum, schnell zu handeln und die richtigen Stellen zu kontaktieren.“

Der Cyberguide – ein Freund und Helfer der Polizei

Daraus sei die Idee entstanden zu einem interaktiven Werkzeug für die Polizei, das ihnen Handlungssicherheit verleiht, erklärt Eckert. „Der Cyberguide soll die Beamten bei der Anzeige unterstützen, wie ein fachkundiger Kollege, der über die Schulter schaut uns ins Ohr flüstert, welche nächsten Fragen und welche nächsten Schritt sinnvoll sind, welche Hinweise der Beamten dem Anzeigeerstatter geben kann und welche Hinweise für den aufnehmenden Beamten sinnvoll sind.“

Eckerts Projekt-Kollege Stephan Reis stellte den Cyberguide im Rahmen der Pressekonferenz vor: Es

Der Braunschweiger Polizeivizepräsident Roger Fladung konnte berichten, dass sich schön Polizeibehörden aus anderen Bundesländern nach dem Cyberguide erkundigt haben.
Der Braunschweiger Polizeivizepräsident Roger Fladung konnte berichten, dass sich schön Polizeibehörden aus anderen Bundesländern nach dem Cyberguide erkundigt haben. © regios24 | Stefan Lohmann

handelt sich um eine Internetseite, die sich intuitiv bedienen lasse. Von der Startseite aus kann der Beamte, der eine Anzeige aufnimmt, über eine Suchmaske und Stichwörter den zutreffenden Modus Operandi des Täters herausfiltern. Schritt für Schritt wird der Beamte dann in einem Frage-Antwort-Verfahren an die Hand genommen. „Das ist kein feststehender Prozess, sondern der Cyberguide schaut, anhand welcher Antworten welche Folgefragen gestellt werden sollten“, erklärt Reis. Der Sachverhalt wird ganz gezielt hinterfragt, die Anzeigenaufnahme beschleunigt, „ein optimaler Einstieg in die polizeilichen Ermittlungen“, meint Reis. Der Cyberguide ist zudem ein lernendes System. „Da arbeiten viele Kollegen aus ganz Niedersachsen dran mit und halten es aktuell.“

Der Braunschweiger Polizeivizepräsident Roger Fladung, der der Projekt leitete, berichtete: „Der Cyberguide wurde schon in verschiedenen Bundesländern vorgestellt. Das Interesse ist sehr groß, wie das Niedersachsen nun weiter macht.“

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