Braunschweig. Probleme mit Bäumen in Städten sind oft hausgemacht. Ein Experte aus dem Landkreis Wolfenbüttel wünscht sich mehr Achtsamkeit – und mehr Laubbäume.

Im Sommer das Auto unter einem Baum zu parken, ist eigentlich eine gute Idee: Das Blätterdach sorgt mit Schatten dafür, dass die Sonne den Wagen nicht zu sehr aufheizt. Dumm nur, wenn der Baum durch Windböen plötzlich auf dem eigenen Wagen geparkt wird. Am Sonntag war in der Bernerstraße in Braunschweig bei einem Gewitter eine stattliche Birke auf drei Fahrzeuge gefallen. Und im Bürgerpark wurde eine Pappel entwurzelt. In beiden Fällen wurde niemand verletzt.

Doch warum fallen Bäume, die bereits seit Jahrzehnten, manchmal sogar seit Jahrhunderten, jedem Sturm getrotzt haben, von heute auf morgen „einfach so“ um?

Wir haben beim „Pflanzenarzt“ Renè Wadas aus Börßum nachgefragt. Für ihn sind Bäume mit „das Wichtigste“ überhaupt. Denn sie sorgen für das Klima in der Stadt, haben durch das Verdunsten aus ihren Blättern ein kühlende Wirkung. Zudem filtern sie Staub und Schadstoffe aus der Luft.

René Wadas.
René Wadas. © Andre Tschernetzki

Warum fällt ein Baum einfach bei einer Böe um?

Bei starken Windböen oder Stürmen, können sogar sogar die gesundesten Bäume entwurzelt werden. Zum Verhängnis kann ihnen dabei die große Fläche ihrer Blätter werden. „Oft ist es aber die Schuld des Menschen, das es einem Baum nicht gut geht. Besonders in Städten gibt es viele Faktoren, die die Bäume anfälliger machen können“, sagt Renè Wadas. Die Böden sind zu stark verdichtet, so dass die Wurzeln verfaulen. Dadurch verlieren die Bäume ihren Halt und können nicht mehr so viele Nährstoffe aufnehmen. Ohnehin seien die Böden in Städten meist sehr nährstoffarm. Außerdem können Bäume durch Schadstoffe wie zum Beispiel Salz geschwächt werden.

Kann ich einem Baum ansehen, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung ist?

Ja, sagt René Wadas, das Schlüsselwort ist hier Achtsamkeit. Denn jede Pflanze zeigt deutlich, wenn etwas mit ihr nicht stimmt. „Wenn wir nicht einfach an den Bäumen vor unserer Haustür vorbeigehen, fällt uns das in jedem Fall auf. Das fängt damit an, dass eine Pflanze, der Wasser fehlt, zum Beispiel die Blätter hängen lässt“, erklärt er. Auch Flecken auf den Blättern sind Hinweise auf Probleme. Wird besonders viel Harz abgesondert, oder blutet ein Baum regelrecht Schleim aus, dann bekämpft er Bakterien, Krankheitserreger und andere Schadstoffe. „Auch wenn viele Misteln auf dem Baum wachsen und er viele trocken Äste hat, ist ein deutliche Zeichen, das der Baum geschwächt ist“, fährt der „Pflanzenarzt“ aus Börßum fort.

Worauf kann ich, insbesondere nach Stürmen, noch achten?

Laut Baumsachverständigen gibt es weitere Hinweise, die auf einen beschädigten oder instabilen Baum hinweisen können: Steht ein Baum schief, hat lange Risse im Stamm und an Ästen, gibt es konzentrische Risse im Boden um den Stamm oder ist der Wurzelteller angehoben sind dies alles Warnzeichen.

Muss ich generell bei jedem Baum aufpassen?

Grundsätzlich kann jeder größere Baum trockene Äste abwerfen. Bei Bäumen an öffentlichen Straßen, Plätzen und in Parks werden diese allerdings bei regelmäßigen Kontrollen entfernt. Bäume die nicht mehr zu retten sind, werden gefällt. Auf Privatgrundstücken sind die Eigentümer für solche Maßnahmen verantwortlich. Achtung ist bei Gewittern, Stürmen und Orkanen geboten. Bei solchen Wetterextremen können auch ansonsten gesunde Bäume in Mitleidenschaft gezogen werden.

Je nach Windstärke reicht die Schadenspalette vom Abbrechen von großen Ästen über das Abknicken des Baumstamms bis hin zum Baumwurf, bei dem der Baum samt Wurzeln umgeworfen wird. Nicht umsonst wird während und nach Stürmen vor dem Betreten von Wäldern und Grünanlagen gewarnt. Ansonsten ist das Risiko, das von Bäumen ausgeht, jedoch vergleichsweise gering.

Der Baum vor meiner Haustür sieht krank, trocken oder tot aus. Wen kann ich informieren?

Für Straßenbäume und Bäume auf Plätzen und in öffentlichen Parks sind die Grünflächenämter der Kommunen verantwortlich. Bei ihnen können kranke und beschädigte Bäume gemeldet werden. Droht ein Baum akut umzustürzen und besteht Lebensgefahr für Menschen, sollten die Polizei und die Feuerwehr gerufen werden.

Gibt es Baumarten, die besser mit dem Stadtklima klarkommen?

Einheimische Laubbäume können sich besser an die Situationen in Städten anpassen als Nadelbäume. „Laubbäume können besser auf Hitze- und Trockenperioden reagieren“, sagt Wadas. Da es in Städte ohnehin oft trockener ist, sind Bäume wie Erlen, die feuchte Bedingungen brauchen, nicht so gut geeignet. „Platanen, Ahorn und Buchen kommen auch recht gut klar in Städten. Der perfekte Stadtbaum ist allerdings noch nicht gefunden“, so der Pflanzenarzt weiter. Grundsätzlich sollte versucht werden, jeden gesunden Baum in der Stadt zu erhalten.

Kann es hilfreich sein, wenn ich den Baum vor meinem Haus bei Trockenheit gieße?

„Wenn es lange Zeit besonders trocken ist, ergibt es durchaus Sinn, den Baum vor der Haustür zu gießen“, sagt Wadas. Auch eine mit Gräsern, Blumen und Sträuchern bewachsene Baumscheibe hilft dem Baum. „Dadurch werden Feuchtigkeit und Nährstoffe gehalten. Man könnte denken, das die verschiednen Pflanzen in Konkurrenz miteinander stehen. Tatsächlich arbeiten sie aber oft zusammen.“