Braunschweig. Niedersächsische Krankenhäuser melden häufige Nebenwirkungen bei der Corona-Impfung mit dem Vakzin von Astrazeneca. Es drohen Personalengpässe.

Bei den Corona-Impfungen mit dem Vakzin von Astrazeneca treten offenbar häufiger solche Nebenwirkungen auf, dass sich Geimpfte krankmelden müssen. Am Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig hätten von 88 Krankenhausmitarbeitern, die am vorigen Donnerstag mit dem Astrazeneca-Wirkstoff geimpft worden seien, 37 anschließend aufgrund der Impfreaktion vorübergehend nicht zur Arbeit antreten können, bestätigte eine Sprecherin am Dienstag.

„Die Symptome reichten von Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen bis hin zu starker Abgeschlagenheit.“ Als Folge hätte das Krankenhaus geplante Impfungen am Montag vorerst ausgesetzt, um den Betrieb nicht zu gefährden. Denn durch weitere Ausfälle seien Personal-Engpässe auf den Stationen nur schwer zu kompensieren. Die Impfungen sollen aber am Freitag wieder aufgenommen werden.

Auch andere niedersächsische Krankenhäuser melden vermehrt Krankschreibungen

Auch aus anderen Kliniken gehen bei der niedersächsischen Landesregierung ähnliche Meldungen ein. „Wir haben aus einzelnen Krankenhäusern Rückmeldungen, dass sich bis zu 25, 30, in einem Fall 50 Prozent der Geimpften hinterher für einen Tag krankgemeldet haben“, sagt Heiger Scholz (SPD), Staatssekretär im niedersächsischen Gesundheitsministerium. Es sei aber bislang kein besonders schwerer Verlauf bekannt. Gleichwohl sei „schon überraschend, dass Nebenwirkungen in dieser Häufung auftreten“.

In einigen Fällen habe der Anteil der betroffenen Personen bei deutlich über den in klinischen Studien festgestellten zehn Prozent gelegen, so dass es Auswirkungen auf den Betriebsablauf der jeweiligen Einrichtungen gab, so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Hannover. In der Regel seien diese Impfreaktionen nur von kurzer Dauer. Das Immunsystem der geimpften Personen zeige eine Reaktion auf den Impfstoff. „Derzeit gibt es deshalb keinen Grund, an der Impfstrategie grundsätzliche Veränderungen vorzunehmen.“

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„Es wird geprüft, ob die bestehende Impfstrategie angepasst werden muss.“

Auch im Braunschweiger Marienstift wurde ein Teil der Mitarbeitenden geimpft, von denen etwa ein Viertel Nebenwirkungen wie zum Beispiel Schüttelfrost und Fieber zeigten. „Aktuell werden die Daten genau ausgewertet. Im Anschluss wird überprüft, ob die bestehende Impfstrategie angepasst werden muss“, teilte eine Sprecherin mit.

Experten raten, künftig nur noch 50 Prozent der Klinik-Belegschaft am gleichen Tag mit Astrazeneca zu impfen, um den Betriebsablauf zu gewährleisten. Dem Robert Koch-Institut zufolge können Impfreaktionen sowohl bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna als auch beim Vektor-basierten Astrazeneca-Vakzin auftreten. Sie beginnen demnach in der Regel kurz nach der Impfung.

Astrazeneca: Reaktionen bewegen sich im erwartbaren Bereich

Laut Astrazeneca sind die gemeldeten Reaktionen so, wie sie aufgrund der Erkenntnisse aus dem klinischen Studienprogramm erwartet wurden. Die Personen, die den Impfstoff erhalten, würden genau überwacht, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Wir behalten die sich entwickelnde Situation weiterhin genau im Auge.“ Alle Chargen des Impfstoffs unterlägen strengen und rigorosen Qualitätsstandards und Qualitätskontrollen.

Das Landesgesundheitsamt in Hannover hat dennoch das Paul-Ehrlich-Institut über die Vorkommnisse informiert, das in Deutschland die Sicherheit von Impfstoffen überwacht. Es müsse sichergestellt werden, dass dort gegebenenfalls eine Überprüfung der Impfstoffcharge vorgenommen werden kann. Eine direkte Einschätzung zu den konkreten Fällen sei derzeit noch nicht möglich, sagt eine Sprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts auf Nachfrage. Aktuell werde untersucht, ob die gemeldeten Reaktionen über das hinausgehen, was in den klinischen Prüfungen beobachtet wurde und ob – sofern das der Fall sei – Gründe dafür erkennbar und Maßnahmen erforderlich seien.

Mediziner fordert, dass Mitarbeiter im Gesundheitswesen Impfstoff frei wählen können

Der Braunschweiger Mediziner Dr. Wolfgang Schneider-Rathert, Sprecher der Arbeitsgruppe Impfen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, würde es begrüßen, wenn die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen allein schon aus Akzeptanzgründen ihren Impfstoff selbst aussuchen könnten. „Die Entscheidung, den Mitarbeitenden im Gesundheitswesen unter 65 Jahren trotz beruflich deutlich erhöhtem Ansteckungsrisiko aktuell alternativlos Astrazeneca anzubieten, sollte gerade auch aufgrund der aktuellen Erfahrungen einer möglicherweise deutlich eingeschränkten Verträglichkeit des Impfstoffes meines Erachtens schnellstmöglich revidiert werden“, sagt er. „Alle, die Kontakte nicht vermeiden können, sollten gleichermaßen mit dem für sie besten Impfstoff geschützt werden. Egal, ob sie pflegen und behandeln oder gepflegt und behandelt werden müssen.“ Viele seien tief frustriert, dass nach dem Mangel an Schutzkleidung zu Beginn der Pandemie jetzt denjenigen, die Covid-Erkrankte versorgen und behandeln, alternativlos dieser Impfstoff angeboten wird.