Braunschweig. Der Konflikt eskaliert. Es geht um Aggressionen am Ufer, um das Schmerzempfinden von Fischen und die Gemeinnützigkeit von Peta.

Wir sind genervt von den Peta-Aktionen gegen uns. Wir lassen uns dies nicht mehr gefallen.

Diese Begründung gibt Olaf Lindner vom Deutschen Angelfischerverband unserer Zeitung.

Hierzu recherchiert Jana Münnig.

Olaf Lindner ist wirklich zornig auf die Tierrechtler von Peta. „Mit ihren selbsternannten Moralvorstellungen versuchen sie, Angler ins schlechte Licht zu rücken. Bis zu einem bestimmten Grad lassen wir uns das gefallen, aber jetzt reicht es“, beklagt sich der Verbandssprecher Lindner. Seit Jahren versuche Peta, Angler wegen Tierquälerei rechtlich zu belangen, sagt er.

Jedenfalls ist der Streit jetzt eskaliert. Auslöser ist ein Artikel auf der Peta-Internetseite, in dem unter der Überschrift „Angler in Sicht?“ Tipps gegeben werden, wie sich Spaziergänger verhalten sollten, wenn sie Angler treffen. Es wird dazu geraten, die Situation zu filmen oder die Polizei zu alarmieren. Außerdem könne man nach einem Fischereischein fragen, versuchen, die gefangenen Fische zu retten, oder in der Nähe des Anglers Kieselsteine ins Wasser werfen. Auch Anspielungen à la „Wenn Sie merken, dass der Angler alkoholisiert ist…“ werden in Angler-Kreisen sicher nicht gern gelesen.

Strafanzeige wegen Volksverhetzung

„Dieser Aufruf ist äußerst verwerflich. Da wird aktiv versucht, Menschen gegen Angler aufzuhetzen“, kritisiert Lindner. Der DAFV hat nun reagiert und bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige wegen Volksverhetzung und der Aufforderung zu Straftaten gestellt.

Peta ist sich keines Fehlverhaltens bewusst. „In dem Blog geht es in erster Linie darum, wie man Fischen helfen kann – nicht, wie man Anglern schadet“, sagt die Verfasserin der Tipps, Tanja Breining, unserer Zeitung. Eine Begegnung mit Anglern sei für viele Tierfreunde ein echtes Problem: „Sie fühlen sich beim Anblick eines leidenden oder sterbenden Tiers berührt und gestört und können nicht einfach daran vorbeilaufen.“ Denn: „Angeln ist Gewalt gegen Tiere“, wie sie sagt. Den Streit mit den Anglern sieht Tanja Breining gelassen: „Wir sehen das als ein positives Zeichen, dass wir unsere Arbeit richtig machen. Peta wird regelmäßig angezeigt – ohne Erfolg“.

Zankapfel zwischen Anglern und Tierrechtlern

Der mehr als 500.000 Mitglieder zählende deutsche Angelfischerverband betont hingegen seine aktive Rolle für den Naturschutz. „Tierschutz ist ein hohes Gut, das sehen wir genauso. Als einer der größten anerkannten Naturschutz- und Umweltverbände Deutschlands sind wir diejenigen, die aktiv in die Gewässer gehen, wichtige ehrenamtliche Arbeit und einen großen gesellschaftlichen Beitrag zum Schutz der Fische und Gewässer leisten“, erklärt Olaf Lindner. Mit Blick auf den Peta-Konflikt betont er, den indus-triellen Fischfang wesentlich problematischer zu finden. „Aber in diesem Zusammenhang habe ich noch nichts von Peta gehört.“

Ein Zankapfel zwischen Anglern und Tierrechtlern ist die Diskussion übers Schmerzempfinden von Fischen. Trotz einer Vielzahl von Studien herrscht Uneinigkeit. „Der Mund des Fisches, an dem sich Schmerzrezeptoren befinden, wird von einem Haken durchbohrt. Dabei empfindet er Angst, Schmerz und Atemnot“, erklärt die Tierrechtlerin Breining. Und tatsächlich hat das Friedrich-Löffler-Institut etwa 2013 – in einer Auswertung bestehender Studien – die Schmerzwahrnehmung von Fischen bestätigt. Davon, dass Fische keinerlei Schmerz wie Menschen empfinden, ist hingegen der Berliner Professor Robert Arlinghaus überzeugt. Stressreaktionen von Fischen bedeuteten nicht, dass sie auch fähig seien, Schmerzen zu empfinden, argumentiert er. „Schmerz wird im Gehirn konstruiert – und diese bestimmten Hirnstrukturen fehlen Fischen. Daher gibt es kein objektives Maß für das Schmerzerleben bei Fischen“, sagt er unserer Zeitung. Fische zeigten zudem keine oder nur geringe Reaktionen auf Reize, die beim Menschen sehr schmerzhaft wären. „Aber unabhängig von dieser kontroversen Diskussion“, so Arlinghaus, „erlaubt das Tierschutzgesetz Schäden und Schmerzen bei Tieren, wenn dafür ein vernünftiger Grund vorliegt“. Im Fall des Angelns sei das der Verzehr der Fische. Die Praktik des „Catch and Release“, bei der gefangene Fische wieder freigesetzt werden, oder das Posieren mit einem Fisch, der an der Luft ersticken könnte, seien allerdings problematisch, räumt er ein.

Zweifel an Gemeinnützigkeit von Peta

Unterdessen wollen die Angler die Peta-Aktivisten auch in anderer Hinsicht an den Haken nehmen. Es läuft eine Online-Petition, welche die Gemeinnützigkeit der Organisation abschaffen will. „Wir unterstützen die Petition ausdrücklich. Gemeinnützigkeit kommt von Gemeinschaft und Nutzen – das sehen wir bei Peta nicht“, erklärt Lindner, der hier ohnehin eine „undurchdringliche und zweifelhafte Organisation“ am Werk sieht – wohingegen man bei Peta stolz auf die erfolgreichen Prüfungen durch Finanzämter verweist. Dass der Entzug der Gemeinnützigkeit vor allem steuerrechtlich durchaus Konsequenzen hätte, weiß Prof. Till Zech von der Ostfalia-Hochschule. „Dadurch könnten sich für die Organisation sogar hohe Steuernachzahlungen für bereits erhaltene Spenden ergeben“, erklärt er. Auch zukünftige Spenden müssten dann von der Organisation und von Spendern versteuert werden, so Zech.

Derweil ist die Petition mit mehr als 60.000 Unterstützern bereits vor ihrem Ende am 9. September recht erfolgreich und somit ein Thema für den Bundestag und das zuständige Finanzamt Stuttgart. „Wir hoffen, dass die Politik handelt“, sagt Lindner, „und freuen uns über die aktuelle Aufmerksamkeit für das Thema.“