„Frauen mit kleinem Einkommen werden mitunter wie Spitzenverdiener besteuert.“

Der falsche, per se schlecht bezahlte Beruf, dann auch noch Teilzeit: Gebetsmühlenartig wird jedes Jahr zum Equal Pay Day eine Ursachenforschung betrieben, um zu klären, warum die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen seit Jahren bei 21 Prozent festgefroren ist. Ist es falsch, einen sozialen Beruf zu ergreifen? Was würde passieren, wenn Frauen nicht mehr gewillt wären, in Schulen, Kitas oder Krankenhäusern so selbstverständlich ihren Dienst an der Gesellschaft zu leisten? Die Frage nach Richtig oder Falsch stellt sich also nicht, doch die schlechte Bezahlung für den Dienst am Menschen ist eine schwere Diskriminierung.

Oft reicht das Einkommen der Frauen nicht, um eine Familie zu ernähren. Dann muss ein Mann her, der die finanzielle Verantwortung auf seine Schultern nimmt. Das Steuerrecht unterstützt dieses Modell klar mit dem Ehegattensplitting. Doch der Steuervorteil schlägt sich allein auf dem Gehaltszettel der besser verdienenden Ehepartner nieder. Was sie (meist sind es Männer) damit machen, obliegt ihnen allein. Frauen mit kleinem Einkommen werden im Gegenzug mitunter wie Spitzenverdiener besteuert. So wird ihnen regelrecht der Zugriff auf einen Teil ihres Einkommens verwehrt. Obendrein wird Eltern- wie Arbeitslosengeld nach dem Netto-Einkommen berechnet. Kein Wunder, dass Männer es eher zu Vermögen bringen – was im Übrigen nur sanft besteuert wird. Frauen bleibt oft nichts anderes übrig, als ihr Geld für den alltäglichen Bedarf zu verwenden – dabei schlägt die Mehrwertsteuer mit 19 Prozent voll zu. Der Blick auf die Gehaltslücke ist daher einseitig. Was kommt netto raus – so sollte die Frage lauten, die uns alle umtreibt.

Dann wird offensichtlich: Frauen verdienen nicht nur weniger, sie zahlen im Verhältnis auch mehr Steuern – aus einer Tradition der Adenauerzeit heraus. Das ist ein schrecklicher Anachronismus.