Remlingen. Die Bundesumweltministerin besucht das marode Atomlager und stellt sich hinter das Projekt Bergung.

Wann geht es los mit der Abteufung von Schacht 5?

Das fragt unser Leser Dieter Kronenberg aus Wolfenbüttel (ca. 10 km Entfernung bis Asse-Schacht).

Das Thema recherchierte Michael Ahlers

Da stand sie nun in der Asse, flankiert von Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) und dem technischen Geschäftsführer der Bundesgesellschaft für Endlagerung, Thomas Lautsch.

Svenja Schulze, die Bundesumweltministerin, war in die Region gekommen – nach einigem Drängen von Parteifreunden, wie es hinter den Kulissen hieß. An diesem Freitag besucht sie den Schacht Konrad, am Donnerstag war als erste Station von Schulzes Endlager-Tour die Asse dran.

Nötiger Druck durch Wasserzutritt

„Natürlich habe ich schon eine Menge gehört“, sagte Schulze, bevor es mit dem Rundgang losging. Und dass der Fall Asse zeige, wie leichtfertig man früher mit Atommüll umgegangen sei. Damit wollte Schulze, die schon vor dem Besuch kurz mit Asse-Aktivisten gesprochen hatte, auch sagen: Ich bin auf der Seite der Guten. Sie blickte gut gelaunt in die Runde, ohne die selbstbewusst-rauflustige Offensivkraft eines Sigmar Gabriel, aber auch ohne das Fremdeln eines Norbert Röttgen. „Die Ministerinnen und Minister kommen und gehen, die Probleme bleiben bestehen“, hatte die Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte schon vor der Grubenfahrt gespottet.

Die Stationen für Schulze unter Tage waren auch jene, die Landesminister Lies bei dessen Asse-Abstecher gezeigt wurden. Am großen Sammelbehälter für ins Bergwerk fließendes Wasser berichtete Lautsch, dass sich der zeitweise erhöhte Zufluss wieder auf das frühere Niveau heruntergepegelt habe. Das ist eine gute Nachricht: „Die Asse droht ‘abzusaufen’, heißt es ziemlich eindeutig auf der Webseite der Bundesgesellschaft. „Wir haben eine Pumptechnik, die sehr viel mehr verkraftet“, versicherte Lautsch zwar auch. Doch Schulze zeigte sich beeindruckt. „Durch den Wasserzutritt haben wir den nötigen Druck“, kommentierte Schulze – ein Gedanke, den Lautsch eine Station zuvor auch schon hervorgehoben hatte. Über der Kammer für mittelaktiven Atommüll, von der es in der Asse nur eine gibt, ließ sich Schulze an einem Modell die Lage aller Kammern erläutern.

Der Schachtbau soll 2022 oder 2023 beginnen

In einem Animationsfilm zeigte die BGE dann auf einer Leinwand, wie die Kammer von unten mit einer Schleuse gesichert zugänglich gemacht werden soll. In der Kammer sollen dann Greif-Roboter die Atommüllfässer erst zum Messen der Strahlung hieven und dann weiter zum besten Verpackungscontainer. Das alles ist zwar noch Zukunftsmusik. Lies hatte aber schon bei seinem ersten Besuch in der Asse gefordert, dass die Technik dafür schon jetzt und in der Region entwickelt werden solle. Auch das Thema neuer Bergungsschacht erläuterte BGE-Mann Lautsch anhand des Asse-Modells. Weil die Statik des Bergwerks nicht gefährdet werden dürfe, müsse die Stelle äußerst sorgfältig ausgewählt werden.

„Den Schacht können wir nur im Osten schaffen“, hieß es – obwohl auch dort die geologischen Gegebenheiten nicht einfach sind. „Man darf alles nur so schnell machen, dass die Sicherheit gewährleistet ist“, sagte die Ministerin bei ihrem Besuch gleich mehrfach so oder ähnlich. Als entscheidender Baustein gilt das Gesamtkonzept für die Bergung und Stilllegung, das BGE-Chef Stefan Studt für dieses Jahr angekündigt hat. Der Schachtbau solle 2022 oder 2023 beginnen, hatte eine BGE-Sprecherin Mitte Januar erklärt. Im angekündigten Gesamtkonzept dürfte ein Zeitplan für diesen Schachtbau ebenso auftauchen wie für das Entwickeln der Bergetechnik. Befürchtungen, dass der Bund die Asse entgegen offizieller Beteuerungen am liebsten doch „absaufen“ lassen würde, lieferte Schulze bei ihrem Besuch jedenfalls keine Nahrung. „Wir wollen die Abfälle zurückholen“, versicherte sie. So ist es auch Gesetzeslage - falls die Entwicklung in der Asse es zulässt. Schon der frühere Betreiber Bundesamt für Strahlenschutz sowie nun auch die BGE arbeiten aber auch an einer Notfallplanung,

Bundesumweltministerium soll sich einbringen

Lies hatte Schulzes Besuch als gutes Signal begrüßt. Unter Tage sprach der Minister mit Blick auf die Umorganisationen von Behörden und Gesellschaften des Bundes in der Endlagerpolitik vom „Eindruck, der Bund könne sich ein wenig zurücknehmen“. Auch mehr Transparenz hatte Lies wiederholt gefordert. Ihre Arbeiten in der Asse dokumentiert die BGE allerdings auf ihren Internetseiten, genau wie viele Dokumente. Auf die BGE sei seine Mahnung nicht bezogen, versicherte Lies auf Nachfrage. Das Bundesumweltministerium müsse sich aber in die Diskussionen stark einbringen.

Das finden auch andere. In einem „Offenen Brief“ hatten Vertreter der Konrad-Gruppen Schulze vorgeworfen, sich hinter der BGE zu verstecken. Mit Befremden habe man zur Kenntnis genommen, dass nicht Schulze und das Bundesumweltministerium, sondern die BGE anlässlich des Besuchs Schulzes in Salzgitter zu einer Veranstaltung im Ratssaal der Stadt geladen habe. „Weder Form noch Inhalt dieser BGE-Veranstaltung erscheinen uns so im Bemühen um eine ernsthafte Diskussion angemessen“, hatte es in dem Schreiben vom 5. Februar geheißen.

Das Land ist zwar kein Betreiber der Asse, auch wenn Minister Lies zuweilen so auftritt. Sein offensives Vorgehen begründet Lies aber, wenn man ihn danach fragt, mit der schlichten Notwendigkeit, voranzukommen. Den Betroffenen seien die Zuständigkeiten letztlich egal, sagt der Minister. Aber auch Schulze wird, ob sie will oder nicht, wohl tiefer ins Thema eintauchen müssen. Vom nötigen Gesamtplan für die Asse sprach auch sie, und dass man ein Zwischenlager für den Atommüll brauche. „Wir haben ja noch kein Endlager“, sagte Schulze. Dieses Thema wiederum dürfte sie auch an diesem Freitag in Salzgitter wieder einholen. Denn schließlich, so ein Punkt von Kritikern, könnte ein großes Endlager doch auch die Konrad-Abfälle aufnehmen.