Schöningen. Mit dem Einstieg ins Speere-Museum Paläon bekennt sich Niedersachsen zur Bedeutung der Schöninger Funde.

Hat sich das Speere-Museum mittlerweile denn schon amortisiert?

Das fragt unser Leser
Peter Stoppok

Dazu recherchierte Michael Ahlers

Die Informationsversammlung mit Wissenschafts-Staatssekretärin Sabine Johannsen war gut besucht. Klarheit hatten die Mitarbeiter des Paläon im Kreis Helmstedt am Ende aber vor allem über einen grundlegenden Wechsel. Das Land Niedersachsen übernimmt ab 2019 die Regie über das Speere-Erlebniszentrum, die derzeitige Paläon-GmbH wird nach einer Übergangsfrist Mitte nächsten Jahres aufgelöst. „Damit bekommen wir einen sauberen Übergang hin“, zeigte sich Johannsen über die Halbjahresfrist erleichtert.

„Die singuläre Fundstelle im Tagebau Schöningen aus der Zeit vor rund 300 000 Jahren zählt zu den wichtigsten Fundstellen der frühmenschlichen Geschichte weltweit“, heißt es in einem Papier des Wissenschaftsministeriums.

Dass das Speere-Zentrum vor Ort überhaupt entstehen konnte, ist der Unterstützung der damaligen Landesregierung unter Christian Wulff (CDU) zu verdanken. 2009 stellte das Land 15 Millionen Euro aus Aufstockungsmitteln zum „Konjunkturpaket II“ für Bau und Einrichtung des Paläon zur Verfügung, 2013 war offizielle Eröffnung. Internationale Experten geben sich die Klinke in die Hand, als sogenannter außerschulischer Lernort ist das Paläon ebenfalls begehrt.

„Dass es die Schöninger Speere überhaupt gibt, ist überregional in Deutschland bislang zu wenig bekannt“, benannte Paläon-Leiterin Siw Holstein im August 2017 ein zentrales Arbeitsfeld jenseits archäologischer Grabungen. Heißt: Das Speere-Zentrum schöpft das seiner Bedeutung gemäße Besucherpotenzial bislang nicht aus, obwohl die Macher sich durchaus einiges an Aktionen und Ausstellungen einfallen lassen. Zur Finanzierung des Betriebs mussten in der Vergangenheit in der GmbH Gesellschafter wie der Kreis Helmstedt und die Stadt Schöningen tief in die eigene Tasche greifen. „Die Betriebskosten werden von den regionalen Akteuren getragen“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Ministeriums vom Juli 2016 lapidar. Das Land gehört nämlich nicht zur Paläon-GmbH, gab aber Mittel als Projektförderung, unter der Grünen-Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic 1 Million Euro verteilt auf zwei Haushaltsjahre. Dazu kommen Sponsoren und Förderer unter der Regie eines eigenen Fördervereins. 2016 hatte Ministerin Heinen-Kljajic außerdem die renommierte Senckenberg-Gesellschaft über eine Kooperationsvereinbarung fest für die Forschung mit ins Boot geholt. Bis dahin war das Landesamt für Denkmalpflege bei Grabungen und Forschungen tonangebend gewesen.

In der organisatorischen Eingliederung des Paläon ins Landesamt für Denkmalpflege sieht das Land ein klares Bekenntnis zum Paläon. „So hätte es eigentlich von Anfang an sein müssen“, sagt ein Insider. „Es werden nicht alle Mitarbeiter übernommen werden können“, sagte Staatssekretärin Johannsen am Montag aber auch. Dass der Kreis Helmstedt und die Stadt Schöningen offenbar auch weiterhin Geld ins Erlebniszentrum geben sollen, ist allerdings ein weiteres Zeichen dafür, dass die Unterstützungsbereitschaft für das Paläon zumindest im Niedersächsischen Finanzministerium nicht grenzenlos ist. Wulffs Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) hatte noch kaum verhohlen über die „Holzlatten“ oder „Stöcke“ von Schöningen gelästert. Der aktuelle Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) hat sich das bisher verkniffen. „Keine solche Einrichtung kommt ohne Zuschüsse aus“, sagt ein Insider mit tiefen Einblicken ins Paläon und in andere Museen und Grabungsstätten. Das heißt auf die Frage unseres Lesers: Es muss vor allem darum gehen, die reine Verwaltung schlank zu organisieren und mehr Besucher anzulocken. Das wiederum geht nur mit Angeboten, die aber auch Ressourcen kosten. Eine spektakuläre Ausstellung muss schließlich erarbeitet und umgesetzt werden. Nur mit seinem Einstieg sah das Land aber offenbar die Möglichkeit, die Arbeit des Paläon dauerhaft abzusichern.

Der Paläon-Aufsichtsratsvorsitzende Christoph Schulz zeigte sich sehr angetan von der Lösung. „Das ist ein ganz starkes Statement für die Region“, sagte Schulz unserer Zeitung. Das Land gehe damit in die Verantwortung. Dafür sei er auch dem Finanzminister dankbar. Und es geht ja nicht immer nur ums Geld. Zu einem Eintrag des Fundorts der Schöninger Speere als Stätte der frühen Menschheitsgeschichte in das Unesco Welterbeverzeichnis hieß es am Montag im Wissenschaftsministerium (MWK): „Das MWK beabsichtigt, einen entsprechenden Antrag zu stellen.“