Braunschweig. Eine Bande aus den Niederlanden treibt ihr Unwesen in Niedersachsen. Die Geldinstitute gehen gegen die Automatenknacker vor.

Müssen Geldautomaten rund um die Uhr zugänglich sein? Nachdem die Kriminellen schon so viele Geldautomaten zerstört haben, sollten die Geldinstitute den Zugang zu ihren Geldautomaten nachts sperren. Damit müssten die Bankkunden doch leben können.

Das fragt unser Leser Horst Gerike aus Hannover

Zum Thema recherchierte Julia Popp mit unseren Agenturen

Immer wieder fliegen Geldautomaten durch die Luft: Jüngstes Ziel der Automatenknacker war in der Nacht zum vergangenen Mittwoch eine Bankfiliale in Göttingen. Die Serie der Geldautomaten-Sprengungen in Niedersachsen setzt sich damit fort: Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) in Hannover wurden seit Anfang des Jahres 43 Geldautomaten gesprengt. „In 28 Fällen blieb es beim Versuch, in 15 Fällen waren die Täter erfolgreich“, schreibt LKA-Pressesprecher Matthias Eichler auf Anfrage unserer Zeitung. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit schon jetzt absehbar, dass die Zahl dieser Delikte in Niedersachsen steigt: 2017 kam es zu 23 Fällen, 2016 waren es 34 Automaten-Sprengungen.

Die Angaben decken sich mit denen des Bundeskriminalamtes (BKA). Demnach sprengten Täter im ersten Halbjahr in 187 Fällen Geldautomaten. In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres gab es laut BKA etwa 140 Attacken, im gleichen Zeitraum 2016 waren es rund 180. Die Behörde geht von normalen Schwankungen aus, rechnet allerdings damit, dass der Trend eher nach oben geht.

Auch Banken in unserer Region waren schon mehrfach von den Gas-Attacken betroffen: Mitte Juni haben Diebe an der Hauptstraße im Braunschweiger Stadtteil Wenden einen Geldautomaten der Deutschen Bank gesprengt. Wenige Tage zuvor war eine Filiale der Volksbank in Salzgitter-Ringelheim im Visier der Automatenknacker. Wie viele Sprengungen es in unserer Region in diesem Jahr gab, kann die Polizeidirektion Braunschweig allerdings nicht sagen, da „es keine gesonderte Auswertung gibt“, schreibt deren Sprecher Thorsten Ehlers.

Nach Einschätzungen des LKA Niedersachsen ist von drei Tätergruppen auszugehen, die häufig aus dem Ausland stammen: „Eine Gruppe von rund 350 Personen aus den Niederlanden, eine aus Polen und eine Gruppierung, bei der es sich um Nachahmungstäter handelt“, schreibt LKA-Sprecher Eichler.

Die Täter nehmen bei den Angriffen keinerlei Rücksicht auf Folgeschäden: Sie bohren in die Geldautomaten häufig ein Loch, leiten Gas ein und lösen eine Explosion aus. Nicht selten werden bei der Detonationen auch angrenzende Gebäude beschädigt – wie beim Angriff auf die Volksbank-Filiale in Wenden.

Die Geldinstitute reagieren deshalb mit verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen, um die Automatensprengungen zu verhindern. Auf die Frage unseres Lesers, ob die Geldautomaten rund um die Uhr zugänglich sein müssten, antwortet Thomas Rienecker, Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: „Die Entscheidung liegt im Ermessen der Geldinstitute. Es gibt Sparkassen, bei denen die Foyers in der Nacht geschlossen werden.“

Ein pauschalisiertes Sicherheitskonzept in Bezug auf die Gas-Attacken gibt es demnach nicht. „Jede Sparkasse ergreift verschiedene Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen – auch in Zusammenarbeit mit den lokalen Strafverfolgungsbehörden. Die Maßnahmen sind zum Beispiel abhängig vom Standort des Geräts“, so Rienecker. Konkrete Einzelheiten könne er allerdings nicht nenne.

Laut der Deutschen Presse-Agentur ist bekannt, dass Banken in ihre Automaten inzwischen Farbkartuschen einbauen, die dafür sorgen, dass die Geldscheine bei einer Sprengung eingefärbt werden. Zudem werden Sensoren eingebaut, die erkennen, wenn Gas in die Automaten geleitet wird. Diese sorgen selbstständig für Entlüftung und lösen einen Alarm aus.